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Gedichte über das Gedicht - Seite 537


Kunterbuntes Dichter-Allerlei

-1-
Rot - des Dichters Lieblingsfarbe

Er neigt dazu, beim Schreiben von Gedichten
den roten Faden zu verlieren,
vor allem, wenn er dabei rot sieht
oder alles durch die rosarote Brille -
dann wird abwechselnd sein Gesicht
vor Wut oder Scham rot wie eine Tomate,
seit Jahren schreibt er rote Zahlen,
so gut wie keiner kauft seine Gedichtbände.

-2
Blau - des Dichters Lieblingsfarbe

Er macht Lesern gern blauen Dunst vor,
lügt das Blaue vom Himmel
oder verspricht vom Himmel das Blaue
und freut sich darüber, wenn man sich
über ihn grün und blau ärgert -
über seine Erlebnisse schreibt er Gedichte,
stellt Behauptungen ins Blaue hinein auf
am liebsten, wenn er blau ist
wie eine Strandhaubitze,
jedoch macht er beim Schreiben
wie schon in der Schule hin und wieder blau,
seine Eltern, die oft einen blauen Brief erhielten,
schlugen ihn manchmal grün und blau,
doch meistens kam er mit einem blauen Auge davon,
auch darüber schreibt er Gedichte.

-3-
Grün - des Dichters Lieblingsfarbe

Der Dichter ist noch grün hinter den Ohren,
hat jedoch einen grünen Daumen
verfasst nicht nur liebend gern Gartengedichte,
schreibt auch über Leser, denen er nicht grün ist,
die ihn abfällig als Grünschnabel titulieren,
zum Glück gibt es auch viele Leser,
die ihn über den grünen Klee loben,
auch wenn er zig Mal dasselbe in Grün schreibt.

Ach, du grüne Neune!
Andere Dichter werden grün vor Neid
und ärgern sich grün und blau,
würden ihn am liebsten grün und blau schlagen,
sobald bei ihm alles im grünen Bereich ist
und er durch die Verlegung seiner Gedichte
langfristig auf einen grünen Zweig zu kommen scheint,
da die Verleger ihm gern grünes Licht geben.

- Ja, grün ist die Hoffnung -


-4-
Schwarz und weiß - des Dichters Lieblingsfarben

Der Dichter schreibt über weiße Weihnachten,
aber auch über den weißen Tod,
will geistige Ergüsse schwarz-auf-weiß haben,
ist er damit unzufrieden, sieht er schwarz,
betrinkt sich, bis er weiße Mäuse sieht,
ihm schwindlig wird und er weiß wie die Wand ist -
er will endlich schwarze Zahlen schreiben
mit seiner vielfältigen Dichtkunst,
doch darauf kann er warten, bis er schwarz wird,
obendrein sich noch schwarzärgern,
denn er gilt in der Literaturbranche
seit Langem als schwarzes Schaf,
das zu sehr zur Schwarzmalerei neigt,
das kann man ihm schwarz auf weiß geben,
immerhin hat er noch eine weiße Weste
und sollte er weiterhin erfolglos bleiben,
so trainiert das Schreiben von Gedichten
seine grauen Zellen, allein dafür lohnt es sich.

-5-
Grau und gelb - des Dichters Lieblingsfarben

Er schreibt am liebsten über den grauen Alltag,
weil er ohnehin immer alles grau in grau sieht,
mitunter malt er Stimmungsszenen allzu grau,
doch diese Monotonie kann er sich leisten
als selbst ernannte graue Eminenz unter Dichtern.
Er betont auch immer wieder in Versen,
dass bei Nacht alle Katzen grau sind,
solche Gedichte sind nicht das Gelbe vom Ei,
trotzdem werden sie gelegen, sogar nachgefragt,
weniger erfolgreiche Dichter werden gelb vor Neid.

Manchmal treibt er es wider Erwartung zu bunt,
bis es auch geneigten Lesern zu bunt wird.
Doch gerade deshalb ist er bekannt
wie ein bunter Hund.
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