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Gedichte über die Erkenntnis - Seite 179


Erfinderpech – oder – Der gestohlene Bauplan

Hatte kürzlich ’was erfunden,
schrieb den Bauplan auf ein Blatt.
Nun ist dieses Blatt verschwunden
und ich frage mich, wer’s hat.
Wer ist wohl der Dieb gewesen,
der da stahl, was ich erfand?
Spionierende Chinesen
oder Diebe aus Deutschland?

In der Zeitung liest man morgen
jenes kleine Inserat:
„Mich belasten große Sorgen,
wer mich denn bestohlen hat.
Wer meine Erfindung findet,
kriegt als Lohn bloß meinen Dank.
Denn wer sich stets brotlos schindet,
hat nie Geld auf seiner Bank!

Wäre ich doch von Herrn Nobel
gern mit einem Preis gekürt,
weil mein neukreierter Hobel
sogar Steine malträtiert.
Nur im Kopf sind meine Pläne,
die man frech mir unterschlug.
Und ich raufe mir die Mähne,
weil die Zeit rinnt wie im Flug.

Jetzt muß ich aus dem Gedächtnis
bauen dieses Hobelteil.
Biete es als mein Vermächtnis
weltweit zum Verkaufe feil.
Aber es fehlt mir an Scheinen
für das Baumaterial.
Ohne Geld gibt's nämlich keinen
werkzeugbautauglichen Stahl.

Wenn ich aber nüchtern denke,
an die Zeit, die ich vertan,
nie erhielt je Geldgeschenke,
geb' ich auf den kühnen Plan.
Unfair spielt sehr oft das Leben,
und selbst ein Genie hat's schwer,
wenn ihm zwar der Geist gegeben,
aber seine Taschen leer.

Hat er dennoch ge- oder erfunden,
was die ganze Welt gern hätt’,
ist dies schon 'mal schnell verschwunden
und macht dreiste Diebe fett.
Ob das Rad neu oder ein Hobel
wird erfunden, ist wie Spiel:
Und so bleibt der Preis von Nobel
meistens unerreichtes Ziel.

© Micha Schneider
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Vertrauensvolle Erziehung (Eine Geschichte)

Ein Elternpaar teilte einer alten Freundin deren Sorgen mit.
„Wir machen uns große Sorgen um unsere Tochter. Die Freunde, mit denen sie sich herumtreibt die gefallen uns gar nicht. Wir befürchten, dass sie in schlechte Gesellschaft gerät, die sie dann negativ beeinflussen könnte.“

„Kann es sein, dass ihr eure Tochter zu sehr eingeengt habt?“ fragte die Freundin.

Die Eltern reagierten empört. Anstatt, wie erwartet, ihnen zuzustimmen oder sie zu bemitleiden für ihr ungehorsames Kind, stellte sie deren Erziehung in Frage. „Unsere Tochter hat alles bekommen was sie brauchte, sie musste sich um nichts kümmern, wir haben alles für sie getan.“

„Vielleicht war es genau das.“ Sagte die Freundin. „Ihr habt für sie Hindernisse aus dem Weg geräumt aber ihr nicht gezeigt, wie sie diese Hindernisse, selbständig überwinden kann, ihr habt Gefahren aufgezeigt aber keine Möglichkeiten, ihr habt sie zurückgehalten und nicht begleitet. So konnte sie kein Selbstwertgefühl entwickeln um selber etwas zu erreichen. Ihr habt alles für sie getan und ihr nicht zugetraut, dass sie selber etwas erreichen kann. Ihr glaubt, dass sie ohne Euch verloren ist.
Natürlich war das nicht böse von euch gemeint, ihr wolltet alles perfekt für sie machen, so dass ihr euer Vertrauen, dass sie wirklich etwas, aus eigener Kraft, erreichen kann verloren habt.

Ich denke, sie fürchtet sich davor eigene Fehler zu machen. Aus Angst euch zu enttäuschen oder zu erzürnen. Wodurch sie möglicherweise auch vor euch verschließen wird und das Vertrauen, in euch, verloren hat, dass ihr für sie da sein werdet, wenn sie einen Fehler gemacht hat oder nicht so funktioniert wie ihr es euch für sie geplant habt.“

„Nein, das ist natürlich nicht so.“ widersprachen die Eltern „Wir haben unsere Tochter zu einer selbständigen und selbstbewussten jungen Frau erzogen. Wir stehen ihr immer mit Rat und Tat zur Seite, wenn sie es wünscht. Aber auch wenn sie sich ausprobieren möchte dann stärken wir ihr den Rücken. Sie kann immer zu uns kommen auch wenn wir nicht einer Meinung sind.“

Aber wenn es tatsächlich so ist“ erwiderte die Freundin „Warum zweifelt ihr so sehr an eurer Erziehung, dass ihr glaubt, ihr habt sie zu einer Person erzogen, die sich von vermeintlich schlechten Menschen beeinflussen lässt? Warum schenkt ihr eurer Tochter kein Vertrauen und glaubt, dass sie nicht stark genug ist um für die Anderen, vielleicht ein positiver Einfluss zu sein?“

Das brachte die Eltern zum Nachdenken. Sie beschlossen mit ihrer Tochter zu reden und ihr zu sagen, dass sie immer für sie da sein werden, egal was passiert. Vielleicht hatten sie von sich und ihrem Verhalten ein anderes Bild als das was ihre Tochter wahrgenommen hat.
Vielleicht war ihre Tochter wirklich stärker und selbstbewusster als sie es ihr zugetraut haben.

© Michael Jörchel
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