Sortieren nach:

Gedichte Über Augenblick - Seite 242


Die Schattenwanderer

Die kleine Drachin, Hina genannt, lebte in einer Höhle. Der Boden bedeckt mit glänzendem Gold, die Wände gehüllt in roten Samt.

So schön ihr die Welt auch lange erschien, spürte sie eine Sehnsucht: Sie konnte sich selbst nicht sehen.

Sie fragte sogleich die kleine Maus: „Hast du eine Idee? Wie komm ich aus diesem Dilemma heraus?“
Die Maus war quirlig und viel unterwegs, erzählte, dass Sie ihr Schatten stets bewegt:
„Wenn ich da draußen, also nicht in der Höhle bin, kommt täglich die Sonne und zeichnet mich hin.“

Vor Freude sprang Hina herum im Kreis. Melodisches Geklimper von Münzen war zu hören und eine neue Weisheit bereit:
„Zur Sonne, ja da muss ich hin - nur um zu sehen, wer ich bin.“


Socken, Schuhe, Hemden und noch viele andere Sachen packte sie in ihren Rucksack rein und ging zum ersten Mal aus der Höhle - in die große Welt hinein.

Doch da draußen war nur Dunkelheit - Kein Licht und keine Schatten weit und breit.


Eine Eule flog Hina entgegen und spürte die Traurigkeit, von der sie umgeben.
„Kleiner Drache, was ist mit dir los? Hier ist doch alles grandios?“

„Lieber Freund, ist dir bekannt, wie zur Sonne man gelangt? Wegen ihr bin ich unterwegs, weiß nur nicht, wie es zu ihr geht:“

„Die Sonne ist nicht ganz so meines, doch habe ich sie schon mal gesehen.
Wenn ich abends aufsteh, seh ich sie meist da drüben.

Ich glaub, du musst Richtung Westen gehen!“

Ohne zu zögern, von Freude übermannt, flog Hina weiter und ihre prächtigen Flügel trugen sie schnell durchs weite Land.

Sie war so schnell dann unterwegs, dass man von Weitem sah, wie sich die Erde in der gleichen Geschwindigkeit, aber in die entgegengesetzte Richtung dreht.


Nach Tagen der Reise, die Hoffnung verloren, machte sie Pause - ihr Herz voller Sorgen.
Ein leises Schluchzen entfleuchte ihr:
„Ach, wäre doch das Glück auch einmal bei mir.“



Ganz nah eine sanfte Stimme war zu verstehen: „Habe ich hier was gehört? ich kann vor Dunkelheit nichts sehen.“
Ein kleiner Drache stand plötzlich neben ihr. Auch er suchte die Sonne hier.

„Junger Drache, unentwegt suche ich das Licht bestrebt. Gen Westen soll die Sonne sein, ich flieg dahin, tagaus tagein.“

„Tut mir leid, da sind wir schon zwei. Ich glaube, die Geschichte mit der Sonne, die war bloß Schwindelei.“

Der kleine Drache, als Baldur bekannt, erzählte, dass es ihm ähnlich erging.
Auch er flog seit Tagen in die gleiche Richtung dahin, doch nirgendwo war sein Schatten zu sehen.


So kamen die beiden ins Gespräch.
Die Trauer verflog und die Stunden vergingen.
Sie hatten sich gern und fingen an, gemeinsam Lieder zu singen.


Kurz darauf war im Osten ein helles Licht, doch die zwei, bemerkten es nicht.
Verliebt sahen sie einander ins Gesicht, man könnte fast meinen, es gebe sonst nichts.

Und als die Sonne nun deutlich am Himmel stand, zeichnete sie ihr Bildnis auf weißen Sand.


Obwohl nun den eigenen Schatten immer noch keiner der beiden sah: Hina und Baldur fühlten sich wunderbar.


Und die Moral von der Geschicht:
Die Sonne ist da, vielleicht siehst du sie nicht.
Und kannst du sie einmal nicht mehr sehen:
Nimm dir Zeit und bleib kurz stehen - die Erde wird sich weiterdrehen.
Genieß den Moment und sei gewiss, sie kommt bald wieder und alles erstrahlt in ihrem Licht.
... hier klicken um den ganzen Text anzuzeigen


Anzeige


Wie ich Maurice Ravels Werk „Jeux d'eau“ (Wasserspiele) „in natura“ kennen lernte

Das war an einem heißen Sommertag.
Ich lag im Schatten einer Trauerweide
und war in die Musik Ravels ganz tief versunken.

Oh ja, was ich da sah und hörte!

Dea Sequana, die supersexy hübsche Göttin
war beim Bade – splitternackt!
Bewacht von singenden Najaden.

Und alle Wasser rauschten.

Gerade war sie wieder aufgetaucht
Das Wasser perlte von dem gold'nen Diadem,
das sie auf ihrem Haupte trug
mit ihren glänzend schwarzen Haaren.

Es rann ihr über Kinn und Hals,
dann über Brust und Bauch noch weiter runter
und fiel mit feinen Klängen in den Fluss.

Die Göttin liebte diesen Augenblick ganz sichtlich.
Sie trieb ein schönes Spiel mit den wilden Wellen,
denn diese tätschelten den edlen Leib,
umarmten sie verführerisch
und strichen zärtlich über Brust und Beine!

Das Wasser spritzte himmelwärts.
Es kehrte, wie im Regenbogen vielfach funkelnd,
mit einem Rauschen in die Flut zurück.

Ich sah indess, die Göttin plötzlich untergehn.
Mit einem Hechtsprung stürzte ich mich hinterher
und wollte sie am gold'nen Diadem ergreifen.
Doch eine Himmelskraft zog mich schnell hinab.
Dort in der Tiefe sah ich
ein strahlend schönes Schloss aus purem Perlmutt.
Ich schwamm und tauchte immer tiefer.
und wollte nur, nur hin zu ihr!

Und die Najaden sangen zum letzten mal ihr Lied.

Mein Leib verschwand für immer in der Tiefe.

So wurden diese Zeilen nur
von meiner Seele noch geschrieben.

p.s./: Dea Sequana - Ist die gallio-römische
Flussgöttin der Seine (Nordfrankreich)
Najaden - sind Nymphen, die über
Flüsse, Bäche, Quellen und andere
Gewässer wachen. Vom Charakter her
oftmals sehr eifersüchtig.
... hier klicken um den ganzen Text anzuzeigen


Anzeige