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Gedichte über Arbeit und Beruf - Seite 38


Frau Holle und der Holzfäller

Es war in den geweihten Nächten,
die Dunkelheit brach schnell herein
Er stapfte durch den Schnee nach Hause,
im Wald war er nun ganz allein

Das Dämmerlicht, die starken Winde,
sie schlugen alles in den Bann
Da stob ein Wagen mit zwei Schimmeln
und einer weißen Frau heran

Sie sponn den silber glänzend Faden,
die Spindel tanzte auf der Erd'
Doch stoppten plötzlich beide Rosse:
dem Mann ward Angst vor dem Gefährt

Die Spinnerin sah zu ihm nieder
und sprach zu ihm mit klarer Stimm':
"Dein Beil ergreif, verkeil den Wagen,
doch habe eines auch im Sinn:

aus bestem Holz brauch ich den Nagel!
Es hängen Erd' und Himmel dran
Am kleinsten Werk kann man erfahren
der Weltenordnung großer Plan!"

Der Mann, er nahm es sich zu Herzen
und schlug ein Bäumchen hart von Holz
Er nutzte alle seine Künste -
am Ende war er sogar stolz!

Die Arbeit war ihm gut gelungen,
das Rad war wieder fest verkeilt
Er richtete Geschirr und Deichsel,
doch bevor sie ihm enteilt,

da hoffte er noch zu bekommen
etwas Geld für Müh und Fleiß.
"Die Späne unten auf dem Boden,
das sei dein heut'ger Lohn und Preis!"

Die Pferde an den gold'nen Ketten,
sie rissen vorwärts, brausten los
Zurück blieb nur ein schwer Enttäuschter:
der arme Mann war fassungslos

Er nahm sein Beil, hob auf die Späne
und ging nach Haus mit müdem Schritt
Doch als ihn unterwegs was drückte,
erblickte er im Mondenlicht

ein gleißend Häuflein, schwer zu tragen:
all seine Späne waren Gold
Da wusste er, es war die Holle,
der er heut' diente, die ihm hold

Er eilte schnell zu Frau und Kindern -
in ihren Schoß gab er den Schatz
erzählte ihnen, was geschehen
- da war in ihrer Hütte Platz
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Die drei Schwestern von Andreasberg

Drei Schwestern in Andreasberg,
die war'n verliebt, man hat's bemerkt
Und jede wollte ihren Mann,
ihr Glück mit allem Drum und Dran

Nur waren sie ganz ohne Geld,
besaßen weder Haus noch Feld
Da riefen sie Frau Holle an
und die Geschicht' nahm ihren Gang

Am Kreuzweg kam in dunkler Nacht
die alte Frau - und wohlbedacht
gab sie den Dreien einen Rat:
"Wer scheuert mir dort jenen Grat,

putzt diesen Fels ganz blitzeblank,
erhält von mir den großen Dank!"
Den Älteren war dies zu schwer
Sie gingen heim, enttäuscht und leer

Die Jüngste nahm den Scheuersand
mit Bürste, Eimer, wie sie‘s fand
und schrubbte, bis der Morgen graut
ging dann nach Hause, nicht erbaut,

denn nichts geschah von alledem ...
Die Schwestern ruhten aus bequem
Sie war am Ende und erschöpft
und wurde auch noch vorgeknöpft

Nicht lang danach, da gab es Streit
Bei ihren Schwestern war's soweit:
sie trennten sich von ihrem Held -
da war es aus mit Gut und Geld

Ihr Liebster, der das auch ansah,
dem wurd‘ es plötzlich sonnenklar:
er wollte sie , ob reich ob arm -
Wir heiraten, dass Gott erbarm'!

Die Hochzeit war schon kurz danach,
man feierte - und unterbrach,
als eine Alte kam herein
Es war nicht nur der Augenschein,

es war die Holle höchstpersönlich!
Sie gab ihr Gold, ganz ungewöhnlich
"Ist das genug, mein liebes Kind?
Das ist für dich und euch bestimmt!"

Die Freude, die war riesengroß
man feierte fast grenzenlos
Die Mühe hatte sich gelohnt!
Von Armut blieben sie verschont


Die Sage der drei Schwestern vom Andreasberg klingt heute sehr moralisch als Belohnung der Fleißigen und Bestrafung derer, die lieber ins Bett gingen und schliefen. Tatsächlich hat diese Geschichte noch einen tieferen und sehr viel älteren Widerhall: wer den Rat eines Schamanen oder Weisen befolgt, der manchmal sehr ungewöhnlich sein kann, muss meist eine innere Grenze überschreiten und etwas scheinbar Unsinniges tun - aber löst dann manchmal auch eine äußere Blockade und kommt dann doch zu dem, was erstrebenswert ist.
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