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Gedichte über Alltägliches - Seite 155


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IM RÄDERWERK

Im Selbstgespräch vom letzten Jahr
Behauptet’ ich, es sei doch klar,
Dass jeder seines Glückes Schmied.
Es sei doch stets das alte Lied:
Wenn jeder nur wollt’ richtig wollen
Würd’ obsolet das Wörtchen „sollen“.
Und jeder würd’ nach seinem Walten
Den angemess’nen Lohn erhalten.

Im Rückblick doch befällt mich Zweifel.
Ob man die Freiheit wirklich hat?
Aus dunkler Ecke linst der Teufel,
Setzt mich in Kürze kalt schachmatt.

Der macht sich an den Uhrenkasten,
Zieht tückisch auf die schweren Lasten
Und gibt dem Pendel einen Stoss:
Es tickt und tackt und rädert los.
Vielfach verzahnt in dieser Enge
Dreht Rad in Rad, und das Gestänge
Regliert exakt das Räderwerk,
Worin du bist ein armer Zwerg.

In diesem Haus befiehlt nur einer:
Es laufen alle – oder keiner!

So schwinden rasch Illusionen,
Du beugst dich Regeln, Konventionen,
Tust dies und das, doch jenes nicht,
Nicht, was dir frommt, nur deine Pflicht.
So treibst du mit und wirst getrieben,
Schiebst folgsam auch, wenn man dich schiebt.
Oh Freiheit, wo bist du geblieben?
Juwel, das ich so heiss geliebt!

Das Alter erst gibt dir zurück,
Was du empfandest einst als Glück:
Sich leisten können nicht zu müssen
Und nun das Leben zu geniessen.

Wenn Achs’ und Lager ausgeleiert
Und jedes Rad ein wenig eiert,
Ergibt sich Spielraum selbst zum Hüpfen.
Du wagst es, deinen A zu lüpfen.
Statt rund zu drehn, wie man’s erwartet,
Springst du heraus, schon ganz entartet,
Aus dem Gehäus – wohl nicht ganz hundert?
Dass selbst der Teufel sich verwundert.

Markus Bürki CH 3082Schlosswil
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