Gehirn & Gedicht (für & nach Raoul Schrott)
Die Prosodie der Sprache,
die Melodie des Hirns,
temporal, zentral, in jedem Gyrus
ein Versfuß,
zwischen frontal und occipital –
Worte und Töne, große und schöne,
vom Okzident zum Orient
gesucht, gefunden, geliehen, verbunden,
seit uralten Zeiten
Siri, Son-Jara, Mwindo, Gesar –
Die Epen der Völker, Gesang ihrer Herzen,
Über das Ohr ins Hirn, hinter die Stirn,
Musik rechts, Sprache links
und Rhythmus basal, cerebellär,
ins Reptiliengehirn, dicht,
Stimulus im Stakkato,
oder flanieren im plenum temporale.
Was sagt der Mandelkern dazu ?
Lässt er Finger schnippen, Füße wippen ?
Mit einer Prise Opioid, in Dopamin verpacktes Glück
Jambus, Trochäus, Anapäst –
das gibt uns den Rest.
Wir zucken verzückt im Takt der Lyrik und ihrer Musik.
Das Stirnhirn und seine Semantik,
die Phasen und Phrasen verstehen.
Wer spricht da mit uns ?
Metaphern, in Glia gebettet,
elektrisch-chemische Wehen.
Zerhacktes Leben, in Worte und Silben zerlegt,
wir basteln uns Sinn,
haben antizipieren gelernt
mit Grammatik und Syntax,
mit Tropos und Klimax,
wir nehmen es hin
und erwarten das Schönste !
Syntagma, Muster und Melodie
schleichen sich ein,
mit Wortmalerei, mit Wortharmonie,
im Singsang die Bilder der Poesie.
Die Musen – Aoide – Gesang, Melete – Übung und Mneme – Erinnerung,
stehen uns bei:
Punkt, Punkt, Komma, Strich –
fertig ist das Mondgedicht.
drug
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