Einsamkeit

Ein Gedicht von Wolf-Rüdiger Guthmann
Kaum waren sie getraut, da stellte sie fest,
ihr Mann wäre schlimmer als Hölle und Pest.
Denn ihre ehelichen Pflichten
sollte sie manchmal am Morgen verrichten.

Mit Streicheln und ihrem Kuss
war bei ihm noch lange nicht Schluss.
Später hat es sie gestört,
wenn sie ihn im Bad hat singen gehört.

Sie konnte intensiv mit ihm zoffen,
ließ er einmal die Klobrille offen.
Und es hat ihr die letzten Nerven geraubt,
hatte er eine Tube nicht zugeschraubt.

Selbst seine Haare in ihrem Bett
sie nicht mehr gerne hätt.
Und sie war sehr verdrossen,
hatte er eine Tür nicht verschlossen.

Sie fühlte sich vom Schicksal verlassen
und begann ihren Mann zu hassen.
Doch ehe sie ihm die Stirne bot,
erkrankte er schwer und war plötzlich tot.

Jeder glaubte, jetzt würde sie sich freuen
und hätte auch bald einen Neuen.
Doch Sahnetorte und Pustekuchen,
sie hatte Angst, sich einen Neuen zu suchen.

Sie wünschte sich einen Mann am Morgen,
um es ihm ohne Pflichtgefühl zu besorgen.
Nur mit Streicheln und Küssen
würde er sich nicht zufrieden geben müssen.

Er sollte auch stets im Badezimmer singen,
und so morgens schon gute Laune bringen.
Und sie wollte es wieder einmal genießen,
hinter ihm die offene Klobrille zu schließen.

Sie möchte auch wieder Tuben zuschrauben,
um dadurch an Nutzen und Liebe zu glauben.
Seine Haare in ihrem Bett hätte sie genossen
wie manche Tür, die er nicht verschlossen.

Sie würde gern einen neuen Mann nehmen,
der könnte es sich bei ihr bequemen.
Doch weil ihr Ruf durch sie selbst ruiniert,
sie jetzt allein im Sommer friert.

13.08.2018 © W.R.Guthmann

Informationen zum Gedicht: Einsamkeit

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13.08.2018
Das Gedicht darf unter Angabe des Autoren (Wolf-Rüdiger Guthmann) für private Zwecke frei verwendet werden. Hier kommerzielle Anfrage stellen.
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