Das Dorf am Fluss
Ein Gedicht von
Reimemagier
Es stand einst ein Dörflein
In all seiner Pracht
Am glasklaren Flusse,
Tief in der Nacht,
Als plötzlich, voll Schrecken,
Eine schwarze Gestalt
Taumelnd hervorbricht
Aus dem finsteren Wald.
Das Gesicht verhüllt
Schaut sie unruhig empor.
Das Rauschen des Windes
Zieht ihr im Ohr.
Und in den Händen, da hält sie
Ein kleines Kind,
Kein Schrei ist zu hören
Durch den sausenden Wind.
Mit schnellem Schritte,
Das Baby im Arm,
Eilt sie hinab
Den Hügelkamm.
Und eilend und keuchend,
Das Gesicht schon erbleicht,
Hat die Frau beinah
Das Dorf erreicht.
Und sie sieht die Bewohner
Mit Schwert und Speer,
Mit brennenden Fackeln,
Sie siehts von weit her.
Und endlich, da ist sie,
Mit letzter Kraft
Hat sie es doch noch
Ins Dörflein geschafft.
Schwer atmend sinkt sie zu Boden
Und schreit:
"Die Wölfe, sie kommen!
Bringt euch in Sicherheit!"
Doch die Bürger, sie bleiben,
Wo sie sind,
Ein älterer Mann
Nimmt ab ihr das Kind.
"Beruhig dich, ich bring dich
Weit weg von Gefahr,
Wir werden sie jagen,
Die raubende Schar.
Sie wird nicht mehr lange
Im Walde verweiln,
Vergiss nun das schreckliche
Lärmende Heuln."
Und er führt sie ins Dorfe
Zu den anderen Frauen,
Die voller Entsetzen
Zum Walde hin schauen.
Und schon ists zu hören,
Ein tierischer Schrei,
Aus dem Walde dringts her;
Sie kommen herbei!
Und heraus aus dem Walde,
Mit offenem Maul,
Da kommen die Wölfe,
Welch schrecklich Gejaul!
Und die Männer, sie fassen
Sich Mut und mit Wut,
Preschen sie vor
Hin zur heulenden Brut.
Doch die Wölfe, sie rennen
Entgegen und schnell
Setzt einer zum Sprung an,
Ein Speer durchbohrt's Fell.
Da kommt Regen von oben,
Ein gewaltiger Guss,
Der Kampf hat begonnen
Ums Dörflein am Fluss.
Welch furchtbar Geschehen,
Welch hässliche Schlacht!
Da ist sie vorüber,
Die finstere Nacht.
Der letzte Wolf schließlich
Kippt sterbend zur Seit',
Das Dörflein erhellet,
Von der Plage befreit.
Da jubeln die Leute:
"Die Wölfe sind fort!
Tot liegen sie
Auf dem Schlachtfeld dort."
Doch nicht alle sind längst
So fröhlich gestimmt,
Welch tapfere Menschen
Der Tod doch nimmt.
---
Der Ort ist versammelt
In der Kirche vorm Fluss,
Weil er heut
Abschied nehmen muss.
Von den Männern, die starben
In der vergangenen Nacht,
Von den Bürgern, die kämpften,
Waren es acht.
Und der Pastor sagt leise:
"Wir danken den Leut',
Die starben für uns,
Die bekämpften die Meut'.
Drum sagen wir Danke,
So ruhet hier,
Ihr tapferen Krieger,
Die bezwangen das Tier."
Da verbeugt sich die Kirche
Vor den Särgen da vorn,
Ein gewaltiger Anblick,
Da erschallet das Horn.
Zu hören ein dumpfer,
Friedlicher Ton,
Ein Zeichen der Ehrfurcht,
Den Kriegern Ihr Lohn.
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