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80 | Verhinderte Konfirmation | |||
Vorschautext: Noch hat kein Pfarrer Dich entdeckt, drum knallt kein Konfirmandensekt und kein Champagner schäumt, weil Deine Taufe man versäumt. Entbehrlich ist der Prediger, ob beweibt, ob lediger, gehört ein solcher allemal doch nur zum Bodenpersonal, welches denn auch wenig nützt, wenn nicht der Himmel uns beschützt. ... |
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79 | Liebes-Pech | |||
Vorschautext: Ich liebe Dich so inniglich, so zärtlich wie auch ungestüm, behutsam und gelegentlich wild wie ein freches Ungetüm. Ich bringe Dir ein Ständchen dar mit sehnsuchtsvollen Liedern und wünsche mir, Du möchtest gar den Liebesgruß erwidern. Dein Schweigen aber züchtigt mich wie dornbewehrte Ruten, mein Herz, es muss ganz kümmerlich verschleißen und verbluten. ... |
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78 | Gefahr im (Ver-) Zuge | |||
Vorschautext: Es nahm das Schicksal seinen Lauf und er ein schweres Los in Kauf, da er beim Autofahren rauchte — was er zur Entspannung brauchte — sich nach einer Kippe bückte und unversehens unverglückte. Pflegst du das Auto zu gebrauchen, verzichte pfleglichst auf das Rauchen. Günter Uebel, 2020 |
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77 | Am Morgen danach | |||
Vorschautext: Es macht längst die Runde, heut’ wurde ne Stunde erholsamen Schlafes zunichte gemacht. Denkt der schläfrige Gast nach geschmälerter Rast beim Frühstücksmahl nach beschnittener Nacht, ob der Vorwurf berechtigt, dass total unternächtigt schnöde er um den Schlaf ward gebracht? ... |
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76 | Segen aus der Druse | |||
Vorschautext: Im Herzen unsres Heimatortes wohnt eine Kraft: Beständigkeit. Im Schoße jenes sichern Hortes, dort pocht ein Puls: Lebendigkeit. Aus grauer Druse rauem Kleide löst kunstvoll man den edlen Stein, fügt kenntnisreich ihn in Geschmeide, schließt Glanz und Strahlkraft darin ein. Die Werke bringen reichen Segen, breiten Wohlstand übers Land, ... |
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75 | Zum Tag des Denkmals | |||
Vorschautext: Gemäuer empfängt uns an fröstelndem Ort, Efeu verschlingt scheu geflüstertes Wort, dem Gedenken gewidmet begnadeter Größen, wenn ehrfürchtig wir unsre Häupter entblößen. In Andacht versunken an heiligen Stätten knüpfen wir ruhmesvoll wortreiche Ketten und folgen ergriffen beredtesten Spuren unvergänglicher Denkerkulturen. Gebieterisches Monument, das den Tod vom Leben trennt, du scheidest von Gebeinen den Geist, ... |
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74 | Der Waffenschmied | |||
Vorschautext: Der Schwache wünscht, dass Hilfe ich ihm leiste, der Strenge rügt mich, da ich mich erdreiste, Spitzentechnik zu kreieren, weltweit auch zu exportieren. Womit freies Land bewahren vor Mordlust wilder Kriegerscharen, womit Sicherheit uns schaffen, wenn nicht mit kampferprobten Waffen? Ich frage alle Kritikaster: Ist Ingenieurgeist denn ein Laster? Verlangt Ihr, dass es mir genügte, wenn man bescheiden Äcker pflügte ... |
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73 | An den Junggesellen | |||
Vorschautext: Leih mir dein Ohr und hör' mein Freund, was bedenkenswert mir scheint: Dreißig bist du nun geworden und nennst keine Frau noch dein, kanntest Weiber aller Sorten und bist immer noch allein! Mit der Karosse, mit der teuern, fuhrst du auf allen Bundesstraßen. Von der Nordsee bis nach Bayern hat dein Signalhorn Sturm geblasen. Bei keinem Mädchen bliebst du lange, ... |
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72 | Ein neuer Morgen | |||
Vorschautext: Der Morgen träumt. Du schaust ihn im Schlafe. Er ist noch ein Jüngling, ruht in moosweichen Kissen. Dich ruft schon dein Tagwerk, dich Fleißige, Brave. Du wirst ihn die nächsten Stunden vermissen. Es streichelt ihn scheu deine zärtliche Hand, als wolle sie ihm ihre Freundschaft geloben. Halb deckt den Schläfer ein loses Gewand, Darin sind Hoffen und Bangen verwoben. Darunter gewahrst du - noch keuschen Blickes - die zarten Formen erwachender Jugend. Ist dies ein Versprechen kommenden Glückes oder der Bote scheiternder Tugend? ... |
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71 | Human Error | |||
Vorschautext: >Bush-Blair-Englisch für Anfänger< Tief schürft man begierig nach dem schwarzen Gold, tief auch bemisst man der Schürfenden Sold, doch fließen geheim aus prallvollen Kassen Gehälter, strategisch gewichtet nach Klassen, verlockend bemessen in Dollarmillionen, Getreue für hilfreichen Dienst zu belohnen, die störenden Größen zu eliminieren, willfährige Bosse zu inthronisieren. Zum Teufel mit zartem Unrechtsbewusstsein, wir müssen doch smart und moralisch robust sein! ... |
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70 | Risiko Mensch | |||
Vorschautext: Mensch, der den Erfolg du jagst, sag, ob du ihn denn teilen magst mit Wesen, die dir selbst nicht nützen. Bist du geneigt, die Welt zu schützen für Leben, das darin soll wohnen nach dir? Bist du bereit zu schonen den Restwert, den die Erde hat ? Als Moloch, der du nimmersatt nach Opfern gierst, sie zu verschlingen, drohst du, die Menschheit umzubringen! Ich bin ein Kind, noch ungeboren, ... |
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69 | Fabelwesen | |||
Vorschautext: Ein Kobold ohne Fehl und Tadel, von allerhöchstem Geistesadel, hat sich glänzend profiliert, summa cum laude promoviert, und aus der Laudatoren Munde tönt Salbungsvolles in die Runde, doch ist für ihn nicht akzeptabel, rückt man ihn in das Reich der Fabel, weshalb er heftig widerspricht: „Ein Fabelwesen bin ich nicht!" Er sagt's mit Überzeugungskraft. ... |
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68 | Weihnacht auf der Krankenstation | |||
Vorschautext: Birgt rettungbringend uns der Hort, die Stätte, die uns heilt und wärmt, verkündigt man uns hier das Wort, das uns erlöst, wenn wir verhärmt uns schlaflos sorgen Nacht um Nacht und ruh'los forschen Tag um Tag, ob eines fernen Gottes Macht noch einmal Leben schenken mag. Beim Glockenklange atmen alle leise und horchen fragend in die Nacht hinaus: Bringt nun das Christkind auf geheime Weise ... |
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67 | Demonstration - ph - einmal mehr reform-resistent | |||
Vorschautext: Ein Kobold, eine Geistesgröße, gibt sich ungern eine Blöße. Er grübelt, und er denkt: Phonetisch ist doch frenetisch gleich phrenetisch, doch will er's orthografisch meistern und eff-frenetisch sich begeistern, wenn tosend außer Rand und Band Beifallsstürme sind entbrannt. Pe-ha-phrenetisch wirkt's dramatisch und psychologisch problematisch, wenn auf die Couch ihn beim Psychiater ... |
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66 | Überraschung | |||
Vorschautext: Ein Kobold galt als äußerst klug, dieweil den Schein zur Schau er trug, als berge er ne Menge Grütze unter seiner hohen Mütze und weil, was ihm vortrefflich glückte, gescheit auch in die Welt er blickte. Als er, vor Klugheit halb erschöpft, den steifen Kragen aufgeknöpft, der Ohnmacht nah zu Boden sank, schob man ihn sacht auf eine Bank, man hob die Kopfbedeckung leise ... |
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65 | Heißhunger | |||
Vorschautext: Heißhunger Was nützen die Etikette und auch die Serviette und gar goldne Bestecke zum vornehmen Zwecke? Dazu fehlt jede Einsicht, wenn der Hunger hereinbricht. Und herein bricht der Gast in rasender Hast, strebt eilig zum Tresen, ... |
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64 | Größenwahn | |||
Vorschautext: Ein Kobold, der ins Jenseits startet, sich Aufschluss darüber erwartet, ob man auf der fernen Erde ihn schmerzlich denn vermissen werde. „Mit mir, da geht der Philanthrop!" glaubt er und schaut durchs Teleskop, ob denn, auf sich allein gestellt, der kümmerliche Rest der Welt noch weiter lebensfähig sei. Doch schon ertappt er sich dabei, dass — sehr zum eigenen Verdruss — er zerknirscht erkennen muss, ... |
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63 | Vater und Sohn 2000 | |||
Vorschautext: Wer schreitet erhitzt durch die Mittagsglut? Es sind Vater und Sohn ohne Mütze und Hut. Der Vater packt das Kind bei der Hand und zerrt es voran längs des Weges Rand. „ Mein Vater, siehst du das Flugzeug dort schweben? Es besprenkelt die Felder und spendet Leben." „ Mein Sohn, es wird landen, schon sinkt es herab, nur lässt es den giftigen Treibstoff noch ab. " ,, Mein Vater, lass uns im See dort schnell baden! Er wird uns erfrischen und kühlt uns're Waden." ... |
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62 | Ende der Sommerzeit - Ein Tag mit Verspätung | |||
Vorschautext: Rastlos eilt der Tag um die Erde, damit nach dem Dunkel ein neues Licht werde. Die Sonne vor Augen, den Schatten im Rücken, so gleitet er hin auf luftigen Brücken. Er sollte - wie immer - in zweimal zwölf Stunden die weltweit berstenden Städte umrunden. Ihm folgt die Schwester mit düsterer Schleppe auf Gebirge und Meere, in Tundra und Steppe. Doch menschliche Willkür, sie hat Konsequenzen, hält den Wanderer auf an politischen Grenzen: ... |
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61 | Weiße Weihnacht 2010 | |||
Vorschautext: Wenn Schnee und Frost dem Land gebieten, erstarrt das hastbetonte Leben. Auch die rührigsten Eliten dürfen sich gelassen geben. Des Winters Macht knickt Baum und Strauch, die weiße Weihnacht wird zur Plage, lähmt Bahn und Flüge und selbst auch die Erderwärmung steht infrage. Günter Uebel, 2010 |
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