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Gedichte über den Tod - Seite 114


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Der Sandmann

Staub in der Lunge, Staub auf der Zunge, und Sand wenn ich mit den Zähnen knirsche.
Busch als Schuhwerk geflochten, hält mich oben, im Backofen der Dünen verloren.
Vom Himmel segnet mich das Licht, aller Götter, so überirdisch heiß, dass mein sterblicher Leib, zur Dattel reduziert, und mein Blut in den Venen verklumpt.
In der Hosentasche, eine Uhr, ganz aus Gold und ohne Zeiger.
Ameisen montieren die Ziffern ab, sie fressen die Zeit, präzise mit chirurgischen Zangen im Maul.
Vor den müden Augen flackert die Luft, ein heißer Wind von unten.
Doch glänzt wo der Sand sich legt, ein Meer.
Ein Weg dem Auge nah, dem Leben zu lang.
Ameisen in den Ohren, auch im Nasenloch.
Doch bin ich nicht ganz verloren, sie schmecken etwas säuerlich.
Da oben, wo nur mein Gedanke hinreicht, und kratzt am weißen Stahl, vergeblich sich klammert, es fliegt davon, unwissend, dass ich, wie eine Ameise im Sande, um mein Leben bange.
Ein weißer Streifen wie ein Schnitt, am verdammten Lügenhimmel.
Kann es diesen Turbinenstaub, nicht auf meine Zunge regnen?
Schau, es löst sich auf, zu Luft, als wäre es nie gewesen.
Wer wird mich verscharren?
Wenn ich vorher falle im Sand?
Nicht einmal die Geier können mich finden, so nutztlos wird selbst mein Tod hier sein.
Nur ihr treuen, verfluchten Ameisen, bleibt mir, als teilnahmslose Freunde, die meinen Schweißrest trinken und in die Schatten meiner Löcher flüchten.
Zum Glück hab ich die Scherbe noch.
Ein Stück Glas, dass ich fand im Sand.
Die Schärfe treibt Keil durch Haut und Fleisch, ein Graben der sich füllt mit Blut, so quälend langsam.
Ich lecke mein Blut aus den Armen.
Mit offenen Armen erreich ich das Meer.
Tief blau, endlos weit, den Anblick geb ich nicht mehr her.
Die letzten Meter auf Knieen und Ellenbögen gekrochen, der Wille ungebrochen, nur etwas ramponiert.
Die Klippe roll mich hinab, soll es hier enden, dann ist es ein schönes Grab, mit Blick auf´s Meer und kühler Brise, die mich kitzelt im Gesicht.
So lieg ich da, unweit der ersten Gischt, und ein Wrack wie ein Haus aus Rost, wiegt sich in den Wellen.
Es schießt in mein Gesicht, mir hinab den Rachen, so dreckig und verdorben körnig.
Herrliches Salzwasser.


JC
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Der Seemann

Schiffe dampfen im nebligen Morgen. Der Motor dröhnt und ich werd los meine Sorgen, bin ich erst wieder vom Salzwasser umgeben. Vater Neptun nimmt mich in Arm, ist kalt wie Eis und stinkt nach Fisch, ach hab ich den Alten gern. Weiß hauch ich die Luft, leg die Hebel um, die Glocke erklingt, die See ruft!
Und diese geflügelten Ratten, die auf den Stangen, schwarz mitfahren. Retten sich in feige Höh und färben mir weiß das Dach.
Weißblau lächelt mir der Himmel, schwarzblau tief das Meer denkt nach, und schüttelt mich wach, so manche Nacht, hat es etwas zu Ende gedacht.
Ich hingegen bleib lieber liegen, von Weite und Breite umgeben, die alte St.Joan, mein guter Kahn. Gerader Schnitt wie ein Messer, so über die Wellen ihr Lauf,
und sie nimmt es mit den Elementen auf.
Gewiss verzeiht Neptun mir das Spalten, seh ich hinter mir, so schließen sich die Falten. Stille und Ruh, und ich hör den Wellen zu.
Nur die dummen Möwen streiten um Fisch, nie sinnend nach tieferen Gedanken.
Die Sonne mir voraus entkommt, und hinter mir geht der Vollmond auf am Horizont.
Ein lauter Krach, mit Schreck werd ich wach. Die See streckt ihre nassen Finger nach mir, eins, zwei, drei, schießen sie an mir vorbei, mein Boot bricht entzwei.
Ich schwimme an Deck, in Sturmsee und Regennacht. Das war´s gewesen, jetzt versinkt mein Leben, zu all jenen, in die Finsternis, deren Seelen wie Blei.
Und zum Spott und Hohn, lachen diese dummen Vögel wie angetrunken, ich rette mich auf einen Ring, meine Joan hat ihr feuchtes Grab gefunden.
Der Morgen spendet wenig mir Trost. Kaum wagt sich die Sonne, noch müde empor und streckt sich über mich. Der dem ihr Licht in den verkrusteten Augen brennt, von kalten Tränen berührt und mit Salzwasser ausgespült. Erschöpft bleibt der Kopf flach und irgendwer lacht... ihr verdammten silbernen Vögel dort oben! Zu Gold hat es wohl für euch nicht gereicht! Kreisen über mir wie Geier, und testen mit ihren Schnäbeln, ob ich noch lebe. Und wie! Hab ich einen geschnappt und sein Genick macht knack! Doch ärgert es sie nicht, war scheinbar kein guter vertrauter, oder naher verwandter.
Hoch blicken meine Augen rauf, als ein lautes Dampfen micht weckt auf. Eine rote Mauer aus Stahl, rast an mir vorbei. Heda! Ihr Idioten! Seht ihr mich denn nicht! Hier unten strample ich! Schreie so laut, bis ich schluck nur noch Wasser und geb auf. Die Retter dampfen davon und zum Schluss, ein lauter Abschiedsgruß. Wieder sinkt der Kopf hinab, lang dauert´s nimmer bis in Neptuns Bett ich schlaf. Mit Vogeldreck im Haar und aufgepickten Wunden. Da endlich kommt Nebel, und Land treibt mir sogar entgegen. Endlich ist es vorbei. Sogar die Plagen haben genug von mir. Blendend hell der Strand, rette mich auf Packeis an Land. Hier wird mir die Seele einfrieren. Und bibbernd kühlt langsam aus das Leben. Allein mit meiner Qual und Pein.
Nur eine Möwe blieb noch bis zum Schluss. Wollte unbedingt sehen wie es ausgeht.
Nacht unter tausend klar funkelnder Sterne, und voll der Mond schweigt und scheint. Eine letzte Träne, glänzt auf der Backe, wie Eis.


JC


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