Gedichte über Tiere (Seite 198)

Das Aquarium

In des Wartezimmers Aquarium
schwimmen stets vier Fische rum.
Sie schwimmen hin, sie schwimmen her,
sie schwimmen niemals kreuz und quer.

Vor des Wartezimmers Aquarium
summte neulich eine Fliege rum.
Sie summte: "Ihr seid aber dumm,
den ganzen Tag nur still und stumm.

Man muss mit andern kommunizieren,
und so das Leben sich verzieren. "
Sie summte hin, sie summte her,
sie summte sogar kreuz und quer.

Da nahm ein Mensch, ein Brillenträger,
in die Hand den Zeitungsschläger.
Er rannte hin, er rannte her
schlug mit der Zeitung kreuz und quer.

Weil er durch Zufall an die Fliege stieß,
sie daraufhin ihr Licht ausblies.
Er schob sie hin und schob sie her,
er schob sie sogar kreuz und quer.

Bis er die Fliegenleiche hob
und siegreich aus dem Fenster schob.
Die Fische sahen hin und sahen her,
nicht mal ihr Blick ging kreuz und quer.

In des Wartezimmers Aquarium
schwimmen stets vier Fische rum.
Sie schwimmen hin, sie schwimmen her,
sie denken jetzt an Garnichts mehr.

(V1)09.09.2014 © Wolf-Rüdiger Guthmann
(V2)04.02.2015 © Wolf-Rüdiger Guthmann

Ein hinkender Vergleich

Es entbehrt jeder Logik
Einen Nazi als Affen zu bezeichnen
Affen sind Primaten
Von lateinisch primus, der Erste
Affen waren also bei irgendetwas die Ersten
Nazis hingegen sind in jedem Fall das Letzte

Der Hirsch

Die Sonne war noch kaum erwacht,
da eilte zum Wasser mit Kraft und mit Macht
ein Hirsch - er preschte durch des Waldes Tiefen
als wir so selig da noch schliefen

Cernunnos, der lief dem Tag entgegen
Nichts bremste ihn auf seinen Wegen
Nach frischem Wasser lechzte er,
doch uns're Seel' zitterte sehr

Gretel und Hänsel

Von den Eltern verstoßen,
vom Süßen verführt
Von einer Hexe umworben,
vom Bösen berührt

Geknechtet, gemästet,
dem Tode geweiht,
da bleibt nur die List,
die sie beide befreit

Doch dann noch das Wasser
so groß und so tief
Da hilft uns kein Schatz
nur eine, die rief

Die Ente schlussendlich,
sie bringt sie nach Haus
Die Weisheit der Gretel
- und das Tier führt’s hinaus

Die Unke

Die Unke singt ihr tiefes Lied,
das auch sehr zart ist, wenn sie liebt
Ihr Tümpel ist die ganze Welt
und über ihr - das Himmelszelt!

Doch über diesem kleinen Weiher
fliegt auch ihr Feind, der graue Reiher
Wenn er sie sieht, ist sie verlor'n
mitsamt dem Gift aus ihren Por'n

Doch heut berührt sie nur der Schatten
Ein Schreck, ein flüchtiges Ermatten -
Nun freu dich wieder deines Lebens!
Manchmal erwischt's uns unversehens

Wir hör'n auch manchmal Menschen unken:
"Wie tief sind wir bereits gesunken!
Es naht das Ende der Kultur!"
Oh Mensch, gedenke der Natur!

Gedichte über Tiere - Seite 198

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Der Hirsch

Gretel und Hänsel

Die Unke