Elternliebling
©Hans Hartmut Karg
2017
Er war das Lieblingskind sein halbes Leben lang,
Die stolzen Eltern sahen ihn – und nur ihn ganz!
Er als Erfolgreicher zeigte ja durch sein Streben,
Dass ihre Wünsche würdig, ihner selbst Abglanz.
Die anderen Geschwister galten wenig,
Auch nicht die Partner und die Schwiegerkinder.
Zwar wurde das nach außen stets beschönigt,
Doch waren sie parteiisch, keine Urteilsüberwinder.
Dem arroganten Sohn gebührte die Aufmerksamkeit,
Ganz ungerecht erhielt er sie stets aus der Nähe.
Das war den anderen Kinder schließlich leid,
Sie wollten nicht, dass Hierarchie weiter bestehe.
Das Lieblingskind war aber nur ein Egoist,
Dem es um Ansehen und eine pralle Börse ging.
Er redete herunter, war immer voller Hinterlist,
Die Eltern waren stolz – und sahen nicht den Hintersinn.
Doch hat das Schicksal schließlich alles ausgeglichen,
Denn als ein Schwiegersohn ganz unten auf der Hühnerleiter stand,
Hat der erfolgreich sich und heimlich da verbeigeschlichen
Und kultiviert für sich und seinesgleichen einen höheren Stand.
Der Liebling aber wurde bald senil und recht kratzbürstig,
Ganz kinder- und beziehungslos, vergessen und verlassen.
Nicht immer macht Bevorzugung den Elternwillen würzig:
Das Leben gleicht dann aus – oft über unerwünschte Gassen.
*