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Gedichte über Krankheit - Seite 47


Wer bin ich?

Orientierungslos laufe ich durch die Straßen
und hänge meinen Gedanken nach.
Drehe mich suchend um,
aber da ist nichts.
Nichts und niemand.

Bin umgeben von Menschen
und doch fühle ich mich einsam.
Niemand beachtet mich,
jeder ist mit sich selbst beschäftigt.

Meine Beine tragen mich fort,
habe keine Ahnung wohin.
Mich braucht und vermisst keiner,
worin liegt der Sinn meines Lebens?

Habe mich nie dazugehörig gefühlt,
wurde nirgendwo angenommen.
Passte in keine Gruppe hinein,
fühlte mich nirgendwo willkommen.

Wurde auf mein Aussehen beschränkt,
keiner gab mir eine Chance.
Meine inneren Werte zählten nicht,
mich akzeptierte niemand, wie ich bin.

Konnte mich mit niemandem identifizieren,
hatte keinen zum Vorbild.
Bin nie mit der Masse mitgegangen,
bin immer gegen den Strom geschwommen.

Zu Hause in meinen eigenen vier Wänden
fühle ich mich geborgen.
Doch, wenn ich in den Spiegel blicke,
erkenne ich mich nicht wieder.

Ich weiß gar nicht, wer ich bin.
Behandle mich selber schlecht,
weil ich es gewohnt bin.
Bin andauernd unzufrieden.

Möchte gerne anders aussehen,
mich selber akzeptieren.
Meine Rolle im Leben finden
und endlich ankommen.

Ich weiß nicht,
wieso ich mir das antue.
Wieso ich so gemein zu mir bin
und mich selber fertig mache.
Das habe ich nicht verdient!
Sollte mich selbst lieben,
aber ich kann es einfach nicht,
habe es doch nie gelernt.

Es ist, als würde ich mich selbst belügen,
wenn ich mir sage, dass ich hübsch bin.
Höre andauernd deren Stimmen in meinem Kopf
und kann diese nicht abstellen.

Lasse mir von Idioten mein Leben ruinieren,
die ihres nicht mal selber auf die Reihe bekommen.
Diese Menschen wurden selber nie geliebt
und machen alle anderen deswegen nieder.

So ein trauriges Leben möchte ich niemals führen.
Kümmere dich um deine eigenen Probleme
und lass mich gefälligst in Ruhe!
Projiziere deinen Mist nicht auf mich.

Stell dich vor einen Spiegel
und fang dann mit dem Meckern an.
Erziehe dich selbst,
wenn deine Eltern das nicht können.

Mit solchen Menschen bin ich durch,
die haben mich in ihrem Leben nicht verdient.

Es hat eine Weile gedauert,
aber jetzt weiß ich,
wo ich hingehöre.
Zu den Gezeichneten.

Fühle mich mit meinen seelischen Erkrankungen
bei ihnen sehr gut aufgehoben.
Wir haben vieles gemeinsam
und respektieren einander.

Ich weiß zwar immer noch nicht so ganz,
wer ich bin oder wer ich eines Tages sein werde,
aber ich bewege mich in die richtige Richtung.
Hier kann ich einiges lernen.

Über mich selbst,
meine Vergangenheit,
Gegenwart
und Zukunft.

Lasse nach und nach alles Negative hinter mir,
meine Vergangenheit sowie einige Menschen,
die darin eine Rolle gespielt haben.
Meine Familie.

Wäre so gerne selbstbewusst
und charakterstark.
Möchte wissen, was ich will
und meine Ziele erreichen.

Ohne dass mir Menschen im Weg stehen
oder ich mir selber,
mit meinen psychosomatischen Einschränkungen.
Möchte keine Angst mehr haben.

Keine Angst vor Menschen,
der Zukunft,
dem Leben.

© Lily .N. Hope
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Nachtklänge (Teamwork)

Nachtklänge


Sie sitzt in ihrer Schneiderei
inmitten alter Kleider,
deren Zeiten längst vorbei
und niemand holt sie – leider.

Dennoch hockt sie bis zur Nacht
in jenem kleinen Laden.
Hört, wie draußen jemand lacht -
reibt sich die beinah tauben Waden.

Versucht ein Lächeln, das schon stirbt,
eh es sich öffnen kann.
Der Apfel, auf dem Tisch, verdirbt.
Sie sieht ihn nicht mal an.

Ihr Brot, daneben, lässt sie liegen.
Der Schwarztee ist längst kalt.
Die Kraft zum Aufstehn will verfliegen,
verlässt sie sicher gänzlich bald.

Sie schafft es bis zum Fensterglas.
Kühlt daran ihre heiße Stirn;
greift schwankend nach dem Metermaß
und beugt sich wieder tief zum Zwirn.

Es wird Nacht – und Doris nickt
erschöpft im krummen Sitzen ein;
sieht nicht im Fenster das Gesicht,
das schon länger schaut herein.

2.
Den Tag lang schon stand Börge hier
am Marktplatz – spielte Lieder.
Er suchte sich ein Schlafquartier:
vergebens, wie oft wieder.

So kam er frierend an ihr Haus,
das abseits sich ins Dunkel duckt.
Dort scheint ein schwaches Licht heraus,
das mal erlischt und mal hell zuckt.

Im Lichtschein, jene Schneiderin...
sie schläft ganz schief und krumm
auf ihrem Stuhl. Lang sieht er hin -
verharrend bleibt er stumm.

Dann nimmt er allen Mut zusammen,
klopft zaghaft an die Scheibe.
Möge sie ihn gleich verdammen:
er bittet nur um kurze Bleibe.

Sie rührt sich – doch sie hört ihn nicht.
Er greift zur alten Geige.
Spielt zitternd in gebrochnem Licht
fünf Lieder bis zur Neige.

Sie dreht sich langsam hin zu ihm -
erschrocken erst, doch dann erstaunt.
Er sieht, wie ihre Ängste fliehn,
sie leise Worte zu sich raunt.

Verlegen streicht sie durch ihr Haar,
streckt den gekrümmten Körper lang.
Die Augen leuchten hell und klar -
ergriffen von dem Geigenklang.

Börges schmale Finger gleiten,
fast zärtlich und mit viel Geschick.
Er bringt ihr längst vergang´ne Zeiten
in das triste Heim zurück.

Lächelnd öffnet sie die Türen,
bietet ihm ein Bett zur Nacht.
Einmal wieder Leben spüren.
Hat Zufall ihn hierher gebracht?

3.
....Die Straße riss ihn wieder fort -
doch Liebe fand er nirgends dort:
wie einst hier,
bei ihr.


(c) Ingrid Bezold & Ralph Bruse
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