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Gedichte über Ironie - Seite 64


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EIN TROST: AUCH VIREN KREPIEREN

Er ist berühmt fast wie ein Star,
steht nahezu seit einem Jahr
weltweit im Mittelpunkt der Massen.
Man findet ihn in allen Klassen,
bei Arm und Reich, bei jeder Schicht,
doch wo er herkommt, weiß man nicht.
So endet diese Welttour nie –
das Tourprogramm heißt „Pandemie”.
Gilt auch die Show als sehr verrucht,
die Tour ist dennoch ausgebucht.
Denn Freitickets für alle Ränge
sind Grund genug für viel Gedränge.
Doch wer nichts zahlt, so wie man weiß,
zahlt danach oft den höchsten Preis:
Man muß nicht immer Geld ausgeben –
es zahlt sich schneller mit dem Leben.

So läuft die Tour nun bald ein Jahr
mit steigendem Erfolge gar,
weil in der Show sich garantiert
die halbe Menschheit infiziert.
Die meisten spüren viel zu spät
Symptome der Kalamität,
und machen sich darauf den Reim:
Star dieser Show war wohl ein Keim!
Der Keim besetzt mit sehr viel Tücke
die mikroskopisch kleinste Lücke,
auch nutzt er Schwächen der Behandlung
geschickt zur eigenen Verwandlung,
kann sich gut tarnen und verstecken
sowohl im Kopf als auch im Becken,
hockt lauernd in den Zellmembranen
und knabbert gierig an Organen.

Die Tiere, Pflanzen und die Keime
entstammen alle jenem Schleime,
der uns als „Ursuppe“ bekannt.
Und hat dann jemand solchen Schmand
an Nase, Mund und an der Pfote,
gelangen in des Körpers Schlote
die Stifter allerschlimmster Plagen:
Die Viren und Bakteriophagen.
In diesem Jahrmillionen alten Krieg
erlangt allein der Tod den Sieg.
Nie hat ein Mensch je akzeptiert,
daß er mal irgendwann krepiert.
Doch sterben gegen ihren Willen
gottlob auch Viren und Bazillen.
Ein Trost: Dich bracht’ der Keim ins Grab,
doch kurz nach dir er selbst verstarb.

© Micha Schneider
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