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Gedichte über den Herbst - Seite 62


Ein Jahr

Müdes Erwachen,
alles ist kalt.
Nur Stille, kein Lachen,
noch ist's trist im Wald.

Der erste Sonnenstrahl,
er bringt das Leben.
Weichen soll das Kahl,
die letzten Lider sich heben.

Der Morgen graut,
die weiße Deck‘ ist fast vergangen.
Das Gefängnis taut,
die Schläfer sind nicht mehr gefangen.

Vater Zeit zieht langsam weiter,
mit ihm kommen erste Blüten.
Das Getier ist frisch und heiter,
Frost und Sturm nicht länger wüten.

Der Wind trägt die Liebe,
sie durchdringt jeden Raum.
Alles erblüht - ein Hoch der Triebe.
Oh du schöner Frühlingstraum!

Mittagssonne, schöne Welt,
wohlig Wärme, der Himmel so blau,
schön ist, was dem Herzen gefällt,
So viel Gedeih' stellt sich zur Schau.

Länger sind die Tage,
bald kommt die Erntezeit.
Leben in ein jeder Lage,
Sommer - nun ist's soweit.

Glänzend warme Sonne,
bleib für immer hier.
Sei eine einzig' Wonne,
für jeden Mensch und all Getier.

Alles wird bunt,
der Himmel noch klar,
tut es allen kund:
Der Herbst ist da.

Blätter fallen,
die Farben entfliehen.
Frost lässt seine Stimme hallen
und die letzten Vögel ziehen.

Der Tag vergeht,
Müßiggang kommt in den Wald.
Keine Blum' mehr steht,
es wird bitter, bitter kalt.

Weißer Zauber ergreift die Lüfte,
bald sind alle Fluren bedeckt,
überall die Kuchendüfte,
kein Tier den Kopf mehr reckt.

Der Tag ist am Ende,
tiefster Winter, versunkenes Land.
Wo bleibt die Wende,
wo ist das Glück, das ich empfand?

Warten auf's Morgengrauen,
immer das gleiche Verlangen.
Kann man im Dunkeln sich trauen,
zu hoffen auf weniger farbige Wangen?

Müdes erwachen,
alles ist kalt.
Doch bald werd' ich wieder lachen,
dann ist's wieder Tag im Wald.
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Herbstliches Intermezzo

Am Haselstrauche
geht es um -
da sitzen kleine Männchen
im Kreise herum,
und halten gar weise
einen Rat,
im roten Sonntagsstaat.

Und purpurn schimmert’s
durchs Gebüsch …
Seid leise in den Blättern,
ihr Kinder, beim Klettern,
und hört, was sie wispern,
und lauscht auf ihr Flüstern.
Pst – pst, - die Männlein
mit den schwarzen Knöpfchen
am Köpfchen …

Am Haselstrauche
rund herum sitzen
die kleinen Männchen
in ihrer Jahresversammlung
und trinken -
aus winzigen Kännchen -
einen gar köstlichen Herbstregen-Wein
und pispern und flüstern …
Ja, was? Ja, was?

Vom Sonnenschein … und Wind,
von Blättchen,
die waren noch grün und fein,
die golden nun sind.
Von duftenden Röschen,
die im Winde verwehn. -
Von Schmetterling und Bienchen -
summ summ summ -
wo sind sie geblieben?
Alles ist stumm.

Und die Männlein erzählen …
Ja, was? Ja, was?
Es wird kalt und nass. -
Sie binden ihr purpurnes
Mäntelchen zu,
und schließen die
schwarzen Knöpfchen,
und schütteln gar weise
die Köpfchen …

Im Jahr ist es spät
und der Herbstwind, der weht
über Purpur und gelbe Seide,
über zwei frierende Schnecken,
die sich im Laube verstecken,
unterm Haselstrauch
in der Heide.

Nun trinken die roten Männchen -
den letzten Schluck
aus dem Kännchen,
schließen das letzte Knöpfchen,
nicken mit ihren Köpfchen – und -
schlafen ein.

Und die Herbstblätter
huscheln, und die
Haselmäuschen tuscheln,
und die roten Männchen
wiegen sich sacht.
Und der Regentropf murmelt:
Gute Nacht – gute Nacht.
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