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Gedichte über Gewalt - Seite 59


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Der Banküberfall

Ich sage es hier ganz blank,
ohne Geld, da bin ich krank.
Und weil es heute wenig taugt,
bin ich schon zeitig ausgelaugt.

Um zu schließen diese Lücke
wollte ich einen Kredit als Brücke.
Die Antragsprozedur musste erst starten,
drum sollte ich in der Ecke warten.

Es war trocken und gemütlich hier,
da schwang plötzlich auf die Tür.
Eine Frau, vermummt, verhüllt,
zum Schiessen auch gewillt,

trat zum Schalterraum herein,
ich ward im Sessel still und klein.
Ich hörte nur Metall auf Holz,
eine Pistole war ihr Stolz.

Ein Zettel wurde hingereicht,
der Kassierer ist erbleicht.
Er hat nur Bündel ausgewählt
und dem Gangster vorgezählt.

Ich wollte schon „Hilfe!“ schrein,
aber Ordnung muss doch sein.
Plötzlich hieß es: „Aus, genug!“
„Andre wollen auch zum Zug!“

Der Räuber hat sich brav bedankt
und den Geldsack fest gelangt,
verließ die Bank zu seinem Glück,
ließ uns mit spätem Alarm zurück.

Im Nachbarhaus die Haustür flog,
der Fahrstuhl in die Höhe zog.
Die Straße, die sonst menschenleer,
trieb plötzlich neue Bürger her.

Und mittendrin in dem Geschrei
kamen die Medien und die Polizei.
Bald schon verhieß die Meinungsschar,
dass es ein Mann in Kleidern war.

Lichter blitzten, Fragen schwirrten,
ich merkte gleich, dass alle irrten.
Ich bin fast blind, hab nichts gesehen
und durfte schon beizeiten gehen.

Da holte ich mein Auto her
und saß darin, als wenn nichts wär.
Die Medien fragten, fotografierten,
klopften, schrieben, telefonierten.

Polizeihunde, auf Geld dressiert,
hat keine Fährte richtig interessiert.
Zu vieler Menschen Duft gemischt
hat die Täterspur verwischt.

Ein Auto nach dem anderen fuhr,
bis ich blieb der einzige nur.
Keiner hat etwas gehört, gesehen,
doch wird viel in der Presse stehen.

Aber jetzt schlug meine Stunde
und ich drehte eine Runde.
Ich torkelte mit einer Flasche,
es kam ne Frau mit einer Tasche.

Ich lief ganz einfach neben ihr,
als wenn ich Selbstgespräche führ:
„Heute Abend bin ich stinkend reich,
denn ich bekomme jetzt sogleich

von dieser weiblichen Person
die Hälfte einer Bankmillion.“
Die Dame erst einmal nur lachte
und mich zum Betrunkenen machte.

„Du zogst die blonde Perücke an
und kleidetest dich als Frau sodann.
Ich hörte die Pistole schlagen,
im Nachbarhaus den Aufzug tragen.

Ein Mann hätte ein Fluchtauto benutzt,
du hast die Klinken hier geputzt.
Wenn du willst dem Knast enteilen,
musst du auf der Stelle mit mir teilen.“

„Ich merke schon, du bist im Bild
und führst Trittbrettfahren im Schild.
Ich brauch nicht länger hier zu weilen
und werde die Kohlen mit dir teilen.

Aber nur, wenn du mich einweihst,
wieso du gerade mir nachreist.
Was war an meinen Sachen gespannt,
dass du mich als Frau erkannt?“

„Ach, das ist eigentlich schnell erklärt,
denn etwas läuft immer verkehrt.
An Kleidung und Schminke war es nix,
aber beim Bedanken kam ein Knix.

12.01.2014 © Wolf-Rüdiger Guthmann
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