Sortieren nach:

Gedichte zum Geburtstag - Seite 18


Die neue Glocke

Es tagt der Rat der großen Stadt,
in dem jeder seine Meinung hat.
Die Räte sitzen da in weitem Rund,
ein jeder tut seine Weisheit kund.
Der eine stupst in des Nachbars Rippe:
„Sag’, hat deine Frau auch die Grippe?“
Der andere bohrt in seinen Zähnen,
der dahinter unterdrückt ein Gähnen.
Der nächste wieder hochkonzentriert,
putzt die sich die Nägel ganz ungeniert.
Ein anderer: „Hoffentlich ist bald entschieden,
mich plagen schon wieder die Hämorrhoiden.“
Nur einer steht vorne verlassen, allein,
er will etwas sagen, es kümmert kein Schwein.
Doch plötzlich, er redet los nun im Nu,
es ist vergeblich, kein Mensch hört ihm zu.
„He! Hallo hört zu, ich will etwas sagen!“
Keiner hört‘s, ihm platzt fast der Kragen.
Der Lärmpegel verhindert, dass man ihn hört,
und außer ihm keiner, der sich dran stört.
Ganz vorne stöhnt einer heimlich, verhalten,
ein anderer übt Papierflieger falten.
Doch damit hat's ab heute ein Ende:
Er erhält von uns in seine Hände,
eine Glocke, die laut und mächtig erklingt,
so dass es die Räte vom Hocker fast nimmt.



- 2 -


Als Geschenk heut' übereicht, das weiß jeder,
genüsslich zieht er sie sofort vom Leder.
Plötzlich Ruhe, die Münder bleiben steh'n,
keine Augen, die nicht nach vorne sehen.
„Was war das“, raunt es im Räte Gewimmel,
„benützt der schon jetzt die mächtige Bimmel?“
Der OB, er lacht auf den hinteren Zähnen,
denn mit dieser Glocke kann er sie zähmen.
Vorbei ist es mit der heiseren Stimme,
ein Handgriff – schon ertönt diese Bimmel.
Er erhält Aufmerksamkeit vom ganzen Saal,
die Sitzung wird einfacher und ohne Qual.
Er kann in Zukunft locker betrachten,
ob die Räte auf seine Worte nun achten.
Tun sie es nicht, er wartet mit List,
weil das die Sekunde der Glocke dann ist.



Janfried Seeburger Okt./2012
... hier klicken um den ganzen Text anzuzeigen


Anzeige


Anzeige