Gedichte über die Erkenntnis - Seite 387

Bist du verblichen
dann wundere dich nicht.
Dort "oben" gibt es
kein Jüngstes Gericht.
Kein Wolkenplatz
ist für dich reserviert.
Es wird weder Milch
noch Honig serviert.
Hier wächst dir kein Fleisch
um die morschen Knochen.
Nichts wird so sein,
wies´s der Klerus versprochen.
Kein Petrus, kein Teufel,
weder Hölle noch Himmel.
Kein Engelgesang,
kein Glöckchengebimmel.
Doch die, die da glauben,
die haben sicher Humor.
"Auf Euch wartet der Himmel".
Na, dann tretet mal vor.


Günter van de Linde

Jahrzehnte mit derselben Frau
teilte er Bett und Tisch,
da war die Liebe abgekühlt
und leider nicht mehr frisch.

Sex und Erotik abgestumpft,
kein Feuer gab es mehr,
ein Liebesspiel voll Fantasie,
das fiel ihm wirklich schwer.

Er hatte mancherlei versucht-
Kopfkino ausprobiert,
doch es hat alles nichts genützt,
es ist nicht viel passiert.

Er kaufte seiner Frau Dessous
in lila, rot und blau,
geändert hat sich trotzdem nichts,
die Nächte blieben flau.

Dann sah er eine and´ re Frau-
war von ihr fasziniert,
allein beim Anblick hat es schon
geknistert und vibriert.

Es kam zu einem ersten Date,
da war er wieder jung,
es folgte eine Liebesnacht
voll Fantasie und Schwung.

Das Liebesspiel ging stundenlang,
so feurig war die Nacht,
sehr glücklich, doch total erschöpft
ist er dann aufgewacht.

Abwechslung macht das Leben schön,
das hat sich oft gezeigt,
darum sind sowohl Mann und Frau
zum Seitensprung geneigt.

Ein Tanz zwischen Dunkelheit und Licht
Einmal hier einmal dort
Jeden Moment ein anderes Gesicht

Ich verliere mich
Ich verschließe mich
Kann mich nicht sehen
Mich nicht zeigen

Dunkelheit und Licht
Verstehen sie sich?

Ich habe keinen Halt
Der Windhauch wirft mich hin und her
Mir ist so kalt
Ich bin leer.

Die Illusion, an der ich mich hielt
es ist ein schmerzhafter Abschied
Wollte ich sie gehen lassen?
Habe ich schon losgelassen?

Kann ich sie jemals wieder haben?
Wie an fröhlichen Tagen?
Ist sie einmal fort
Kommt sie nie mehr.

Fühlt sich so Freiheit an?

Verstehe ich mich,
Verstehe ich auch
Dunkelheit und Licht.

Schön ist die Welt!
Wie leuchtend und still
strahlt sie am Morgen!

Ein Häher schreit schrill.

Ich zucke zusammen.
Kopfkino beginnt.
„Stopp es doch einfach!“
flüstert der Wind.
„Alles ist endlich,
du lebst in der Zeit.
Es gibt keinen Anlass
für Panik und Leid.“

Richtig! Ich lerne –
Die Wahrheit ist schlicht:
Alles ist gut so.
Fürchte dich nicht.


7.8.2022