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Gedichte über das Alter - Seite 35


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Rentner müsste man sein

Rentner müsste man sein

Der Rentner hat ein schönes Leben
dachten wir beim Arbeitsstreben.
Wenn wir morgens zur Arbeit eilen,
kann er sich den Tag einteilen.

Gefallen ihm morgens Sternschnuppen,
schläft er weiter bis in die Puppen.
Oder er küsst erwachend sein Weib
und lobt tastend ihren Laib.

Die Bruttosozialproduktschaffenden
beneiden nachmittags die Rocksaumraffenden.
Wer körperlich sein Brot erwirbt
ausgezehrt auch eher stirbt.

Der Rentner morgens aus dem Bette springt,
weil das Mülltonnen leeren erklingt.
Nebenbei zu früher Stunde
drehte der Ableser einst die Runde.

Jetzt steckte er nur Zettel ein,
ablesen müssten wir allein.
Der Nachbar brachte eine Flasche Bier,
sagte: Lies doch auch einmal bei mir.

Dabei hatte ich einen Termin,
damit beim Hausarzt ich erschien.
Denn vom Kopf bis zu den Zehen
wollte er meinen Körper sehen.

Am nächsten Tag alles zur Arbeit schniefte,
zu Hause einer die Feuerlöscher prüfte.
Gleichzeitig konnte es geschehen,
der Paketdienst wollte eine Unterschrift sehen.

Zwei seriös gekleidete Sektenwesen
wollten uns etwas Wichtiges vorlesen.
Als es Zeit wurde zum Mittagsschlaf
mich ausgerechnet der Gerichtsvollzieher traf.

So geht das den ganzen Tag,
das gefällt nur dem, der es mag.
Wasser, Öl, Gas Holz und Kohle
man empfängt oder erst hole.

Die Säcke Kartoffeln zur Einkellerung
halten das Konto und den Rücken jung.
Unfälle, Notarzt, Krankenwagen
oder Obst zum Mosten tragen,

das scheint alles Rentnerpflicht,
nach der Arbeit geht das nicht.
Kein Wunder, dass die Rentner schrein:
Werktätiger müsste man sein.

30.09.2018 © W.R.Guthmann
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Es war eine schöne Zeit

Ich habe viel erlebt
seit meiner Geburt
auch wenn's euch widerstrebt
Es ist nicht absurd

Hört zu, was ich euch sage
Ein paar Träume wurden wahr
Ich habe keine Klage
Über jedes Lebensjahr

ich habe nichts zu bereuen
keine Zweifel zu verstreuen
Es war leicht, manchmal schwer
Ich minder' es nicht mehr
Kommt dann der Gevatter mal vorbei
und sagt, ich bin nun des Lebens frei
sage ich: "Ich bin dazu bereit
denn ich hatte eine schöne Zeit

Ich stehe nun auf der Todesschwelle
Jedoch zieht ihr mich wie'ne Flutwelle
Ständig in das Leben zurück
als wär's ein großes Unglück
würde ich in das Todenreich fahren
so sehr wollt ihr mein Leben bewahren

Maschinen halten mich noch am Leben
Meine Lunge hat längst aufgegeben
Künstlich schlägt mein Herz in mir nur noch
Alleine komme ich nicht mehr hoch
Darf alleine nicht ins Freie gehen
und genüsslich die Natur ansehen
denn ich könnte umfallen und dann sterben
und ihr fürchtet die Klage von den Erben
Die mich ansehen mitleidig und gequält
denn es wird ein jeder Euro mitgezählt
den ich ihnen bei euch hier koste
während ich verfaulend dahin roste
Sie erzählen von früheren Tagen
Ich kann dazu zu ihnen nichts sagen
Meine Erinnerungen sind verschwommen
Ihr habt sie mir einfach so weggenommen

Ihr seid die übelsten Folterknechte
Habe ich gar keine Menschenrechte
Wöchentlich kommt ein Ernährungsexperte
erzählt mir was von Cholesterinwerte
und das ich auf die Ernährung achten solle
Ist dieser Typ sprichwörtlich von der Rolle?
Wie alt soll ich denn für ihn werden?
Glaubt er, ich würde niemals sterben?
Ich schlage mir fest an die Stirn
Bitte gebt ihnen etwas Hirn
Ich muss Untersuchungen an mir ergehen lassen
Da würden auch herzlose Folterer erblassen

Ich bin schon alt
Bald bin ich kalt
Ihr werdet nie den Alterstod bezwingen
Also hört doch auf gegen ihn zu ringen
Mit uns'rer Lebensfreude als Preis
Warum macht ihr bloß diesen ganzen Scheiß?

Ich freue mich schon auf den Tod
denn er befreit mich aus der Not
die an meiner Psyche sich labt
und in die ihr mich gesteckt habt
denn ich bin schon seit langem bereit
denn ich hatte eine schöne Zeit
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