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Gedichte über den Computer - Seite 15


Dichtergeheimnisse

Man fragte mich wie ich das mache,
Worte zu finden für jede Sache.
Die Damen und Herren meiner Generation
hatten nur Bücher und den Radioton.
Beim Lesen und beim Radio hören
durfte und wollte uns niemand stören.

Der eine freute sich, dass wir beschäftigt,
der andere hat den Wissensdurst bekräftigt.
Wir mussten jedenfalls tief in uns gehen,
um Buch oder Hörspiel zu verstehen.
Dieser Mangel gegenüber heutigen Zeiten
ließ uns vieles schriftlich aufbereiten.

Wir hatten Ideen und Fantasie,
für Arbeit und Gedicht braucht man sie.
Wir hätten gern schon eher gedichtet,
der Welt von Sorgen und Freuden berichtet.
Uns blieben jedoch kostenpflichtig stramm
nur Karte, Brief und Telegramm.

Als Soldat auf Birkenrinde gekritzelt,
hat das Dichten uns schon gekitzelt.
Erst der PC als Schreibmaschine eingestellt,
schuf das richtige poetische Arbeitsfeld.
Das Ergänzen, Kürzen und Radieren
geht nun elektrisch wie das Rasieren.

Geh ich Gassi täglich früh und spät
nutze ich das unmoderne Diktiergerät.
Wenn der Hund nach Mäuschen wühlt
und dabei sein Jagdfieber kühlt,
stehe ich zwar dort wie dumm,
aber niemals nutz- und sprachlos rum.

Früher ging‘s nur auf dem Land,
weil dort alles war bekannt.
Jeder jetzt per Handy berichtet,
aber niemand damit dichtet.
Sie essen, trinken, rauchen, lieben,
meist noch Fotos rüber schieben.

Die Jugend hat ihre eigene Sprache,
eine Kombi-Abkürz-Zeichen-Sache.
Damit fängt ein Satz meist an,
aber niemals dadurch enden kann.
Doch ein derartiges Sprecherleben
wird es bei mir niemals geben.

30.07.2019 ©Wolf-Rüdiger Guthmann
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