Gedichte über Alltägliches (Seite 598)

Unzufrieden

Wenn alle Herrlichkeit auf Erden
dir geschenkt
dein Blick jedoch auf das, was du
nicht hast gelenkt,
dann weißt du, du schwimmst mit
im Menschenstrom,
ein undankbares Nichts,
ein Freudengnom,
dem dies Geschenk nur wertlos
scheint.
So mit dem Massenstrom
vereint
stimmt man ein Jammer-Chorlied
an:
die ganze Herrlichkeit – vertan!

Dreht euch nicht um

Dreht euch nicht um. Das Sehen geht rum.
Wer sich umdreht, alles sieht,
Weiss zu viel und was geschieht.

Dreht euch nicht um. Der Buckel ist krumm.
Lasst die Augen lieber zu.
Ich sah nicht hin. Ich band mein Schuh.

Die wohnen da drüben

Die wohnen da drüben, die wohnen halt da.
Beschmutzen die Brücken und machen Alarm.
Schau wie die Ausseh'n, mit grauen Gesichtern,
Von Arbeit kein Plan. Und sie riechen. -- Na ja....

Die Kinder in Lumpen. Keins zur Schule geht.
Sie müssten weg von hier. Dann wäre es schön.
Ich geh mal weiter, Brot holen und Zwiebeln.
Keinen Pfennig für die. Danach noch zum Arzt.

Das die sich nicht schämen. Kein Amt nimmt die dran.
Ich habe die goldenen Zähne, immer zur Nacht,
Im sicherem Safe.

Letztes Tageslicht

Letztes Tageslicht schwächelt ermattet
vor sich hin.
Der Tag zerreißt in orange- und blutrote
Fetzen.
Das Geschehen gräbt sich in die Erde ein.
Bald herrscht das Dunkel.

Wissende sagen: weit, ganz weit hinter
dem Horizont erhebt sich ein neuer Tag.
Andere glauben an die Auferstehung des
alten.
Im mystischen Kreislauf erkennen welche
die Wiedergeburt im Morgen.

Letztes Tageslicht verkündet nur
eine Wahrheit: Vergangenes!

Farben sind doof

Dichtung ist der Inhalt seiner Unfälle
ein Sündenkompendium?
ein kapierkritisches Kunstwerk?

Leicht bekommt man beim Sprache-Malen ein „Blaues Auge“
Sind die Pinsel doof?
Was nützt, wem nützt das kaschierte Malen nach Zahlen?
Was sollen die Toilettenkritzeleien?
Wem nützen eintönige Klangfarben?

Was nützt, wem nützen die aus dem Bauch hervorgepinselten Empfindungen,?

Mein Gott! Nur weil Schwarzmaler nach Radierungen brülleen...?

Wir können keine Bilder an runde Wände nageln!

Egal!

SCHLUSS mit den Elementargeistern der Grautöne!
Die Farben sind doof!
Es kann keine dezente Verabschiedung geben!

HIN zum Kommunikations- und Sprach-Disigner!

Das Wort hat den Doktortitel verdient [wenn es mehr als ein Montagsabsturz ist]!

Also, machen wir jetzt Kunst oder nicht?

Nein, ich meine keine rotweingedränkten Bierdekelskitzen!
[ja, ich verstehe, nüchtern seid ihr besser, besoffen fühlt ihr euch besser, DENNOCH!]

Ich will Kunst, Wortkunst! -therapeutische Dichtung!

Ich will keinen theatralischen Mist!

Auf zur exhibitionistischen Wort-Suche! Dichtungs-Suche!

Ich bestelle zu jedem Sinnwort zur Ausstellungseröffnung einen Sprachmusiker,

VERSPROCHEN! [je nach Preisklasse]!

Die Feder wächst mit der persönlichen Wiedervereinigung!
Keine Angst, es wird kein persönliches Vorturnen verlangt

Haltet euch an ihre Worte
und nicht an ihre Werke
[Matthäus 23,3]

Gedichte über Alltägliches - Seite 598

Unzufrieden

Dreht euch nicht um

Die wohnen da drüben

Letztes Tageslicht

Farben sind doof