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Gedichte über Alltägliches - Seite 53


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Die Dichtertafel

In Tschornolessen war jüngst Dichtertafel,
mit Essen, Trinken und viel Geschwafel.
Der Hausherr hatte das Recht geordert
und von jedem ein Gedicht gefordert.
Eine Geschichte, ganz kurz und klein,
nur vier gereimte Zeilen sollten es sein.

Doch mit der Forderung, klipp und klar,
nur über alles, was im Zimmer war.
Viele erst vor Angst laut stöhnten,
die ersten aber sehr bald höhnten.
Wenn man die Erinnerung schindet,
sich viel Stoff für Märchen findet.

Alle dachten, schrieben und sodann
fing der erste schon zu dichten an:
„Ist man still und lauschet nur,
hört man das Ticken einer Uhr.
Dieser hohe Kasten dort im Eck
diente einem Geißlein als Versteck.“

Der zweite griff den Faden auf,
seine Geschichte nahm ihren Lauf.
„Dieser Tisch hier, leicht und zart,
hat es uns im Märchen offenbart,
wer bei der Arbeit sich emsig betätigt,
wird vom Tischlein deck dich entschädigt.“

Der dritte Dichter drängelte schon,
vielleicht war er eines Schneiders Sohn.
„Diesen breiten Gürtel aus dem Schrank
trug ein Schneider stolz beim Gang.
Statt toter Fliegen schrieb er gleich:
Alle Sieben auf einen Streich!“

So und ähnlich lautete es immer,
manche Sachen waren schlimmer.
Doch wir haben die halbe Nacht
mit und ohne Alkohol gelacht.
Ohne euch die Zeit zu stehlen,
kann ich so etwas nur empfehlen.

Den nächsten Treff, das kann ich sagen,
werden wir auf einem Dampfer wagen.
Deshalb probt vorher so eine Fahrt,
sonst wird das Dichterleben hart.
Wenn dann am Bug die Wellen rauschen
alle dem Stampfen der Maschine lauschen,

die kleinen Nasen Öl und Diesel riechen,
die Damen dem Kapitän dichter kriechen,
wenn der Schornstein an der Brücke kippt
jeder an seinem Fahrwasserglas nippt,
dann beginnt die Romantik der Pärchen
und keiner denkt dann mehr an Märchen.

17.01.2014 © Wolf-Rüdiger Guthmann
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