Wolfskind
Ein Gedicht von
Lars Abel
Es war die Zeit des großen Krieges,
da manches Kind vereinsamt war,
bis in den Augenblick des Sieges
verblieb im Wald so manche Schar
Da huschten Blondchen durch das Dickicht,
oft splitternackt, traumatisiert,
sie litten Hunger, jung und töricht
und nur vom Walde akzeptiert
Die Bomben fielen fern im Westen
auf alle Zivilisation,
im Dickicht, unter grünen Ästen
blieb ungehört ihr schriller Ton
Ich stob im Luftzug kalter Nächte,
wenn unterm Mond der Tann sich regt,
hinaus aus meinem Menschgeschlechte,
auf's Tier hab' ich mich zubewegt
Ich schrie und quiekte wie besessen,
der Worte ich nicht habhaft war,
von Schweinen lernte ich zu fressen
und auch ihr Sprachenrepertoire
Den Wölfen galt bald all mein Sehnen,
ihr Heulen einem Wunder glich,
fror mir das Blut auch in den Venen,
in ihrem Bann die Zeit verstrich
Ich bin das Kind, das mit dem Rudel
behände durch die Gräser lief,
das in der Wölfe Sog und Strudel
des nächtens riss und mittags schlief
Was ihr befindet nun für Sage,
was sich erschließt euch sonnenklar,
die Wahrheit tritt durch mich zutage,
da kein Mensch sonst da draußen war
(C) Lars Abel
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