Seelen zu Heiligabend

Ein Gedicht von Wolf-Rüdiger Guthmann
Als im Winter 1965 im Spital zwei Körper verblichen,
ihre Seelen sofort Richtung Himmel entwichen.
Zwei Jahre hatten sie nebeneinander gelegen,
und stets gehofft auf heilenden Segen.
Nun war alle Hoffnung vorbei
und beide fühlten sich vogelfrei.

Das Weltall veränderte sich in den Jahren sehr,
und so gab es dort viel Flugverkehr.
Sie griffen sich jeder einen Satelliten
und sind damit wie die Engel geritten.
Da diese Blechbüchsen nicht still rauschen,
konnten sie an vielen Kanälen lauschen.

TV-Sender, auch wenn sie in Farbe schon,
boten ihnen nur den Stereo-Ton.
Das reichte für Musik und Nachrichten nebenbei
und auch für Gottesdienst und Wahrsagerei.
Dabei sprachen die Radio-Stationen der Welt
warnend von manchem Spannungsfeld.

Trotz des geheimen digitalen Rauschen
konnten sie die Militärs belauschen.
Wenn man die richtigen Responder wählte,
gab es Kanäle auf denen man zählte,
one, two, three bis sexty four ganz hart,
oder ras, twa, tri bis schestch tschetierje …….Start.

Dazwischen in asiatischen Zeichensprachen
starteten unbekannte feuerspeiende Drachen.
Die Seelen hatten sich schon gespalten,
denn zu welcher Sprache sollten sie halten?
Nach erfolglosem deutsch-sächsischem Fluchen
wollten sie sich schon eine andere Erde suchen.

Da erklang aus dem Weltall statt militärischem Tra-ra
das Weihnachtslied Jingle Bells auf der Mundharmonika.
Selbst den ältesten und stärksten Raumfahrt-Recken
blieb der Weihnachtsbraten im Halse stecken.
Mancher hat freudig erschreckt gezuckt
und sich an Wodka oder Whisky verschluckt.

Doch alle stimmten der Melodie zu,
an Heiligabend hat die liebe Seele Ruh.

24.12.2019 © Wolf-Rüdiger Guthmann

Informationen zum Gedicht: Seelen zu Heiligabend

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24.12.2019
Das Gedicht darf unter Angabe des Autoren (Wolf-Rüdiger Guthmann) für private Zwecke frei verwendet werden. Hier kommerzielle Anfrage stellen.
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