Schlüsselkinder

Ein Gedicht von Wolf-Rüdiger Guthmann
Ob Kanzler, Arzt, Künstler oder Erfinder,
irgendwie sind alle Schlüsselkinder.
Als einst der Urmensch dem Feuer nah
die vielen schmelzenden Gesteine sah,
dachte er sich gleich Sachen aus,
die man goss und schmiedete daraus.

Sobald die Höhle hatte eine Tür,
gab‘s auch einen Hausschlüssel dafür.
Später ging der Burgherr zur Ruhe
mit dem Schlüssel für die Truhe.
Ging der Burgherr einmal dann zur Jagd
gab es Keuschheitsgürtel für Frau und Magd.

Heute mit Brottasche und Schlüssel starten
schon die Großen in den Kindergarten.
Es setzt sich pfeifend oder knallend fort
In Schule, Schwimmbad oder Hort.
Die Hausmeister und jedes Fundbüro
kennen das Schlüsselproblem sowieso.

Und manche Schlüssel uns erretten
beim eiligen Gang zu den Toiletten.
Ehe ein Hausbrand wird immer doller,
öffnen Feuerwehrschlüssel die Parkplatzpoller.
Ob groß oder klein, mit oder ohne Bart,
der Schlüssel wechselt oft seine Art.

Zogen Schlüssel einst die Hose aus,
wurden nun Schlüsselworte daraus.
Haus, Firma, Schranke, Hotel
öffnet jetzt die Schlüsselkarte schnell.
Bei Autos, Garagen und Tresor
kommt die Funkfernbedienung vor.

Selbst die höchsten Atomraketenzünder
sind in Wahrheit Schlüsselkinder.
Die Geheimdienste umsonst sich rühren,
wenn nur Schlüssel zum Erfolge führen.
Darum sind mehr oder minder
wir alle auch nur Schlüsselkinder.

28.10.2018 © W.R.Guthmann

Informationen zum Gedicht: Schlüsselkinder

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28.10.2018
Das Gedicht darf unter Angabe des Autoren (Wolf-Rüdiger Guthmann) für private Zwecke frei verwendet werden. Hier kommerzielle Anfrage stellen.
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