Schloss und Schlüssel
Ein Gedicht von
Ulrich MaHo
Ein alabasterfarbenes Kästchen
intarsienreich
und allerfeinst gearbeitet
weilt wohl verschlossen
im Nachtgemach.
Ein goldenes Schlüsselchen
das halb verborgen
fühlt sich merkwürdig
doch unbedingt berufen.
ihn lockt ein Fluid,
der ovale Einlass außerdem,
fein ölig gepflegt
erwächst Berufung zu Begierde.
Er steigt - er kommt - er reicht
und wird so ganz ausschließlich Schlüssel,
gespannt hält er inne,
erblickt das ihm gespiegelt angepasste Schlüsselloch
und ahnt,
wir sind anders und doch eine Art
Er richtet sich vollends auf
und passt sich an
und wohl gefühlt
gleiten sie gemeinsam
und entsprechend ihrer Bestimmung
in- und um-einander.
Hinein- und zurück fahren,
sich wenden und fügen,
dann einmal ganz herum geführt,
und zitternd ergibt sich das
Kästchen mit leisem Klick -
in einem Bogen geweitet
entspannt es sich
und still
bleiben Schloss und Schlüssel
ineinander verschmolzen.
Das Kästchen hat sich gedehnt,
ein Deckel schwingt
geschmeidig in die Höhe.
Ein feines Glockenspiel
kommt mit der Vögleinmelodie geflogen:
offenbart ist nun
der best gehüteteste Schatz.
Alles bleibt an seinem Platz
Kästchen und Schatz
Schlüssel und Schloss
und doch hat die fein geschliffene Mechanik eine verzaubernde und belebende Wirkung gehabt.
Die Dame wiegt mit einem Satz
voll Freude ihr Kästchen
und schmeichelt dem Schlüssel
und erschmückt sich nun
mit dem frei gelegten Schatz.
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