Patchwork-Nachkommenschaft

Ein Gedicht von Tilly Boesche-Zacharow
Wie fern mir meines Leibes Kinder,
selbst wenn sie sich ans Herz mir drücken.
Muss mich einfach darein schicken
zu zähl´n für sie nur als Erfinder
and´rer, sehr viel ferner Welten,
die für sie als Humbug gelten.

Fast wie durch ´nen Glases Scheiben
seh ich sie, und auch sie, sie seh´n mich.
Beides muss getrennt verbleiben
dank Plus und Minus unter´m Strich.
Was wird aus der Seele dringen,
kann auch geistig gut gelingen.

Leibesfrucht,sie ist vergänglich,
dafür hasst man oft die Ahnen.
Geisteskind ist mehr empfänglich,
wird an Ewigkeiten mahnen,
zu denen es selbst hingestrebt.
Dasein verwest, wenn Geist noch lebt.

Halbgeschwister sind sie beide,
die sich misstrauisch beäugen,
anstatt sich zu Mutters Freude
eher gleichen Kindern zeigen.
Körper sein zeigt zu viel Zwänge.
Geist allein erlöst von Enge.

Immer mehr wird es mir klar,
was so lang nicht offenbar,
warum ich schon viel Tränen weinte,
obwohl das Leben uns noch einte.

Leibes Kinder zähl´n zu Toten,
Geistes Kinder werden Boten.
Die einen mal in Gräbern liegen,
die andern auf zu Himmeln fliegen.

(2013)

Informationen zum Gedicht: Patchwork-Nachkommenschaft

1.206 mal gelesen
(4 Personen haben das Gedicht bewertet. Der Durchschnitt beträgt 5,0 von 5 Sternen)
1
03.10.2013
Das Gedicht darf nur mit einer Erlaubnis des Autoren kopiert oder veröffentlicht werden. Jetzt Anfrage stellen.
Anzeige