Narrenkappen
Ein Gedicht von
Micha Schneider
Früher trugen Narren Kappen
mit drei Bommeln, Schellen, Klappen,
und wenn Späße, die sie machten,
niemanden zum Lachen brachten,
also aus des Königs Munde
und aus seiner Festtagsrunde
keinerlei Gelächter scholl,
vielmehr Laute voller Groll,
dann ergriff man diese Narren,
lud sie auf des Henkers Karren,
ließ sie beten noch zu Gott
auf dem Wege zum Schafott.
Später dann, als man „Verrückte“
in die Irrenanstalt schickte,
gab man jedem armen Tropf
eine Kappe für den Kopf,
die man „Narrenkappe“ nannte,
weil mit ihr man gleich erkannte,
wer ihr Träger war und daß
er nicht närrisch war zum Spaß.
Und der Volksmund, der nie leise,
gnädig urteilt oder weise,
spottete bald kurz und knapp:
„Jeder Narr mag seine Kapp’!“
Zeiten, da man wirre Leute
überließ dem Spott der Meute,
sind doch eigentlich vorbei.
Deshalb bin ich mal so frei,
jetzt zu stellen eine Frage,
die sich dreht um jene Plage,
die als Seuche jeder kennt,
aber niemals „Krankheit“ nennt:
Tragen heute junge Knappen
lächerliche bunte Kappen,
ob zu Fuß oder im Karren,
nur um auszusehen wie Narren?
© Micha Schneider
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