momentaufnahme
Ein Gedicht von
Marie Mehrfeld
weit verstreut die
blätter deines letzten
briefes mit füller und tinte,
alle vorwürfe sind geschwärzt,
weggelächelt, denn sie sind nur ein
dokument der einsamkeit, die auch du
spürst; ich weiß nicht, welcher sprachart ich
sie zuordnen soll, bleibt mir das verbrennen auf
dem nassen kalten balkon; vor mir die schlanke vase
mit den gelben plastik blumen, grau eingestaubt, ich mag es,
dass sie mir nie widerspricht; lerne, mit mir alleine zu sein, nicht,
dass es leicht wäre; sind so viele eingebrannte narben in meiner alten
seele, die sich öffnen im morgengrau und schmerzen, schmerzen;
die parkenden autos mit ihren erloschenen scheinwerfern, sie
glotzen mich an, tote augen im teuren blech; kleine füße
trappeln über mir, hin und her, vor und zurück, sonst
ist es so viel stiller als vorher, nur mein linkes ohr
stellt sein pfeifen nicht ein; mich überfällt der
hunger, ein sehr heißer, der kühlschrank
leer, das verfallsdatum der raviolibü-
chse weit überschritten; was soll’s,
würge den rot eingefärbten papp
kram in mich hinein; ist keiner
da, der mich ermahnt; ich
will raus auf die straße
und brüllen, kommt alle
alle und umarmt mich bitte
hört auf mit hass und neid und
krieg, besinnt euch auf die liebe, nur
sie kann uns heilen und sie ist in uns allen
M.M.
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