Fensterln

Ein Gedicht von Wolf-Rüdiger Guthmann
Der Xaver wollte fensterln gehen
und bei Resi in das Zimmer sehn.
Vielleicht hätte es sein Blick gepackt
und sie stünde gerade splitternackt.
Ihrem Vater war es nicht recht,
er wünschte einen Bauernknecht.

Doch Xaver, dieser Verehrer,
war nur ein Volksschullehrer.
Und Lehrer, das sag ich verbissen,
berühren nur das schlechte Gewissen.
Der Vater hat sich schon gedacht,
was so passiert in dunkler Nacht.

Schließlich war er auch mal jung,
ging es durch seine Erinnerung.
Eine Leiter, die eigentlich Schrott,
machte er äußerlich ganz flott.
Doch den Holmen mittels Säge
verpasste er ne tiefe Schräge.

Die Leiter hing er dann dort auf,
wo jeder vorbei kam beim Liebeslauf.
Und so kam, was kommen musst,
die Resi wusch sich mit freier Brust.
Der Vater vor dem Fernseher schlief,
als der Xaver leis die Resi rief.

Hörten hier denn alle schwer,
eine Leiter musste endlich her.
Angepackt und schwankend aufgestellt
auch wenn es sehr schwer ihm fällt.
Unterm Fenster, das war richtig
und der Aufstieg schwergewichtig.

Die Leiter biegt und dreht und knallt
und bricht in drei Stücke bald.
Der Xaver hält sich ängstlich fest
an dem was war, ein Wespennest.
Er fällt samt Nest ins Rosenbeet,
zum Informieren ist es jetzt zu spät.

Sein lautes echtes Schmerzens Jammern
dringt auch bis zu Resis Kammern.
Sie lässt den Schwamm samt Seife fallen
und kann nur noch ein Handtuch krallen.
Dann rast sie barfuß durch das Haus
zu Xaver auf den Hof hinaus.






Dort zieht sie ihren nächtlichen Held
aus Leitertrümmern und Rosenfeld.
Sie glaubte ihn untersuchen zu müssen
und betäubte ihn mit hundert Küssen.
Dann hob sie ihn mit starkem Arm
und trug ihn dorthin, wo es warm.

Mehr konnten wir leider nicht sehen,
der Vater hieß uns heimwärts gehen.
Doch heute kam eine Einladungskarte,
dass ihre Hochzeit auf uns Gäste warte.
Da hat der Lehrer wohl nicht hin gehört,
als er uns damals persönlich aufgeklärt?

17.05.2014 © Wolf-Rüdiger Guthmann

Informationen zum Gedicht: Fensterln

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11.11.2014
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