Es war einmal...
Ein Gedicht von
Jasmin Pahlisch
Es lebt' in einem Lande
einmal ein hoher Herr,
der reich und auch von Stande,
doch jähzornig gar sehr.
Er hatte Frau und Kinder,
im Zorn sah er nur Rot:
er schlug sie nicht gelinder
und schlug die Mutter tot.
Und seine jüngste Tochter
wuchs auf in Tyrannei.
Sie stand so oft am Fenster
und wünscht sich Flügel zwei.
An einem Frühlingsabend
da kam ein Bauernsohn.
Dacht: "Kommt ihr Klänge labend!"
und spielt die Laute schon.
Die Tochter trat ans Fenster,
gelockt vom Lautenklang.
Betracht' verzückt den Künstler
und fiel ein mit Gesang.
Der Jüngling sprach: "Erhöre mich!
Zwar bin ich nicht von Stand,
doch vor Lieb' zu Euch entbrannte ich,
ich bitt' um Eure Hand!"
"Auch ich fühl' diese Liebe
und gern will'gre ich ein,
denn Vater gibt mir Hiebe
und ich bin ganz allein."
"Ich will dich holen, warte nur!"
-"Nein, ich bitt' dich, gehe fort!"
"Von Angst ist bei mir keine Spur!"
-"Um unser Lieb', mein Vater giert nach Mord!"
Doch in der nächsten Nacht
schlich sich der junge Mann
ins Schloss, das gut bewacht,
zu testen seinen Plan.
Er schlich in ihr Gemach,
um dort mit ihr zu fliehen.
Auch sie war bereits wach
und war bereit zu gehen.
Doch ach! Der Vater hat's vernommen!
Sie flohen durch die Tür,
er ist ihnen nach'kommen
und schrie: "Henkt ihn dafür!"
Der Bursch' wurde ergriffen
und wurde fortgebracht.
Das Hemd wart ihm zerrissen,
er wurde streng bewacht.
Die Tochter schrie: "Erbarme dich,
geliebter Vater mein!
Wenn du ihn hängst, tötest du mich,
denn tot will ich dann sein!"
Es halfen ihr kein Flehen,
kein Bitten und kein Schrei'n,
das Licht sollt er noch sehen,
um dann gehenkt zu sein.
Des Morgens in der Frühe
tat er den letzten Gang.
Das Gehen macht' ihm Mühe,
bis er hört den Gesang!
Sie sangen alle Beide,
der Strick, er zog sich fest.
Sang' bis der Tod sie scheide.
Der Dolch gab ihr den Rest.
Zwei Tote wer'n begraben,
begraben Hand in Hand.
Man hört zwei Herzen schlagen
in einem fernen Land.
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