Die Würmer

Ein Gedicht von Hans Hartmut Dr. Karg
Die Würmer

©Hans Hartmut Karg
2017

Als sie zum Friedhof kam, zum Grab des Allerliebsten,
Da trieb die Trauer ihr die Tränen über ihre alten Wangen.
Zum Friedhofswärter hatte sie gefleht: „Ach, schieb' weg den!“
Der schüttelte den Kopf: „Das darfst Du nicht verlangen!“

Den Erdhaufen vom Allerliebsten wegzuschaufeln,
Auf so etwas lässt sich kein Offizieller ein.
Und so versucht' sie kindlich-hilflos Erde wegzuschaufeln –
Und bleibt mit ihrem Wunsch nach Nähe doch allein.

Da schaufelt sie sechs fette Würmer aus dem Erdenreich,
Die vollgefressen hier nach oben transportiert,
Und sie, sie packt mächtig mit Wutzorn gleich
Die Zappelnden und Windenden aus dem Geviert.

Sie greift jeden der schlimmen Menschenwürmer
Und schleudert sie, so weit sie kann, vom Grab des Gatten.
War er für sie doch alles – und ein echter Himmelsstürmer:
„Ihn sollen niemals fressen Würmer – und auch keine Ratten!“

Und als sie ihre Hände von der Tat gesäubert hat,
Erfasst ihr Herz Zufriedenheit und tiefe Gattenliebe.
Das war für sie erfüllter Wunsch und tiefe Gnad´–
Wenn er doch nur noch einmal für ein Stündchen bei ihr bliebe!

Doch jetzt weiß sie, dass diese Würmer ihn nicht fressen können,
Dafür hat sie so liebevoll und wirkmächtig gesorgt.
Im Himmelreich wird man sie dafür auch beim Namen nennen,
Denn dieser Liebesdienst war echt – und nicht geborgt!

*

Informationen zum Gedicht: Die Würmer

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06.03.2017
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