Die Liebe
Nichts auf der Welt berührt uns Menschen so intensiv wie die Liebe. Das ist verständlich, denn schließlich verdanken wir der Liebe unser Sein. Liebevoll wurden wir als Kind umsorgt und er-fuhren durch liebkosenden körperlichen Kontakt große Zuneigung.
Mit zunehmender eigener Fähigkeit, Empfindungen gedanklich zu verarbeiten, begannen auch wir zu lieben. Sicherlich erwiderten wir ab diesem Zeitpunkt auch die Liebe zu unseren Eltern – bewusst, langsam, aufbauend.
Viel vordergründiger war uns damals jedoch die Liebe zu greifbareren Dingen wie Spielzeug, Eis, das Meerschweinchen oder einer anderen Sache, die uns lieb war. Eher unbemerkt gab es schnell eine gewisse Hierarchie, die durch unsere Vorliebe für das Eine oder Andere bestimmt wurde. Die Begriffe „Lieblingsspielzeug“ oder „Lieblingstier“ finden in dieser Begebenheit sicherlich ihren Ursprung.
Und dann kam sie – die Erste Liebe. Eine unerklärliche Zuneigung, die alle Gedanken und Fantasien ausschließlich auf einen bisher fremden Menschen fixierte. Das Lieblingsspielzeug blieb nun in der Kiste, das Lieblingstier wurde eher zur pflichtgemäßen Belastung. Heimlich und schüchtern versuchten wir jetzt, unsere Gefühle einem anderen Menschen zu vermitteln. Einen nahezu krankhaften Zustand konnten dabei Signale erzeugen, die auf eine Erwiderung der eigenen Empfindung schließen ließen. Es kam zu den ersten Liebesbeweisen, dem ersten Kuss, dem ersten Liebesbrief und, das konnte nicht ausbleiben, es gab den ersten Kummer – Liebeskummer.
Diese Art von Liebelei wiederholte sich bei manchen mehrfach, bis endlich die „Liebe auf den ersten Blick“ zur ersten „Großen Liebe“ führte. Liebesblind wurde aus der Liebesbeziehung eine Partnerliebe, die schließlich mit dem Bund der Liebesehe in eine rosarote gemeinsame Zukunft führen sollte.
Trotz redlicher Bemühung bleibt es jedoch nicht aus, dass die Liebreize des Partners sich mit der Zeit zumindest etwas abschwächen. Gedankliche Freiräume in den bislang liebestollen Köpfen, erlauben mehr und mehr eine Rückbesinnung auf die realen Rahmenbedingungen unserer eher lieblosen Gesellschaft. Spätestens jetzt verliert die
bisher über allem dominierende Partnerliebe ihre Alleinherrschaft über Geist und Körper.
Wie bereits in der Kindheit bauen individuelle Präferenzen nun erneut eine Hierarchie der Vorlieben auf. Der neue Sportwagen wird, wie einst das Matchboxauto und das Reitpferd, wie damals der Goldhamster geliebt – nur muss nun alles mit dem eigenen „Lieben Geld“ bezahlt werden.
Mit den Jahren stellen sich weitere Liebeleien ein. Er liebt seine Arbeit und den Rotwein, sie liebt ihre Bücher und den Quizmaster der Fernsehshow – platonisch versteht sich.
Geben wir der Liebe eine Chance – gleich, in welcher Weise sie uns begegnet – egal, wie wir sie spüren. Wer etwas liebt, schätzt etwas, wer etwas schätzt, achtet dessen Wert. Machen wir uns den Wert der Liebe zum Geschenk – nicht nur an Weihnachten, dem Fest der Liebe.
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