Die Frau an unsrer Spüle

Ein Gedicht von Michael Adamitzki
Am Vormittag an unsrer Spüle,
verbunden mit ner Infusion.
Das Handgelenk ziert ne Kanüle,
steht meine Frau, wer hat das schon.

Ihr Sturz, die Kellertreppe runter,
den hat sie prima überlebt.
Dafür, da ist sie doch ganz munter,
auch wenn ihr Herzchen noch stark bebt.

Gebrochen hat sie bloß vier Rippen.
Ach so, und auch das linke Bein.
Jetzt will sie nicht mehr für mich strippen,
sie lispelt nur: “Muss das denn sein?“

Der rechte Arm total verbunden
und ihre Augen ringsum blau,
die Schneidezähne sind verschwunden.
Doch fleißig ist sie, meine Frau.

Wenn ich sie seh, wie sie muss schaffen,
dann tut mir das ein bisschen weh.
Drum höre ich halt auf zu gaffen,
ruf: “Schatzilein ich hätt gern Tee.“

Informationen zum Gedicht: Die Frau an unsrer Spüle

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18.06.2011
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