Die Flüchtlinge kommen

Ein Gedicht von Marcel Strömer
Die Flüchtlinge kommen
am hellichten Tag,
in unsere Stadt, Sudenburger Straße
nicht ins Schlaraffenland

Steigen erschöpft aus einem Bus,
ein Stück Heimat unter der Schuhsohle
heimwehgeplagt lächelnd
grüßen die tiefgefrorene Gesichter

Schlaflos, zirkeln fremde Augen im Kreis
immerhin, froh noch zu leben
übersehen die neue Farbgebung
frischgestrichen das Flüchtlingsheim

Das Waschbecken, der Spindschrank,
die leeren Zimmer gleichen sich
selbst im Schlaf vergessend
jetzt ist keine Zeit für Innenschau

Die Angst treibt und bleibt
die Qual vor Tod und Verfolgung
die Furcht vor Entdeckung
die Erinnerung steckt im Blut

Jede Flucht, eine zuviel
der Schmerz erkennt, weint Steine
weit kernentrückt im Neubeginn
mit dem Iphone bewaffnet

Perspektive ohne Grenzen
die Übergangslösung klingt gut
unbearbeitet klaffen da Wunden
innerlich, unsichtbar, nachhaltig

Warum auch, die neue Angst wartet
auflauernd in Sanktion oder Abschiebung
unterbindet Rebellion gegen Regeln
führt gesammelte Wut zu Grimm

Die Spatzen pfeifen gekonnt ihr Lied
vom Strommast über Dächer
von Dur zu Moll im Unterton
Ein Stück Heimat ist überall



© Marcel Strömer
(Magdeburg, den 30.03.2016)

Alle Rechte vorbehalten, besonders das Recht auf Vervielfältigung und Verbreitung, sowie Übersetzung. Kein Teil des Textes darf ohne schriftliche Genehmigung des Autors reproduziert oder verarbeitet werden!

Informationen zum Gedicht: Die Flüchtlinge kommen

368 mal gelesen
(Eine Person hat das Gedicht bewertet. Der Durchschnitt beträgt 5,0 von 5 Sternen)
-
30.03.2016
Das Gedicht darf nur mit einer Erlaubnis des Autoren kopiert oder veröffentlicht werden. Jetzt Anfrage stellen.
Anzeige