Der Ritter Halden

Ein Gedicht von Alexander Hengstler
Auf der hohen Zinne steht
Das goldne Haar vom Wind durchweht
Esra das Fürsten Tochter

Ihr Auge sieht in ferne Lande
Auf Wälder, an des Flusses Strande
Die einst ihr Fuß durchstriffen

Des Sommers Mitte war es bald
Von Grün, von Laub erfüllt der Wald
Und Esra stand am Flusse

Und aus dem Flusse stieg hervor
Ein junger Mann sein Blick verlor
Sich in des Waldes Weite

Dann blickte er zu Esra auf
Und sprach: „Willkommen an dem Lauf
Des Flusses, der mir Bleibe.“

Esras Furcht und Angst verschwand
Sie sah der Mann trug ein Gewand
Von Perlen und von Muscheln

Nach Namen fragte sie den Mann
Der durch sein’ Blick ihr Herz gewann
Er nannte ihr den seinen

Ritter Halden ward er einst genannt
Dem König war er wohlbekannt
Er nannt’ ihn einen Freund

So gingen beide durch den Wald
So floh die Zeit und viel zu bald
Rief sie die Nacht zu scheiden

Sie musste zu der Burg hinauf
Doch bat sie: „An des Flusses Lauf
Möcht’ ich euch wiedersehen.“

Ein’ Kuss zum Abschied gab er ihr
Und sprach: „Liebste glaube mir
Wie’s steht so ist’s geschehen.“

Am nächsten Morgen brach sie auf
Und eilte an des Flusses Lauf
Den Ritter wollt’ sie sehen


Doch sah sie nur den stillen Flusse
Und nirgends stieg aus seinem Gusse
Der edle Ritter Halden.

Der Tag verging, die Stunden rinnen
Sie rief nach ihm, war wie von Sinnen
Doch ließ er sich nicht finden

Zur Mitternacht zurück sie lief
Als alles auf der Burg schon schlief
Da trat sie in den Lesesaal

Dort sah sie bei den Rittern
Den Namen der ihr Herz ließ zittern
Den Namen ihres Liebsten

Und als sie`s las da rief sie: „Nein!
Was hier geschrieben kann nicht sein.
Dies ist niemals geschehen.“

Ihr Liebster so stand es geschrieben
Hat sich mit Luther umgetrieben
Und brach so seinen Treueeid

Später als er Luther abschwor
Und kam zur Kirch, die ihn verlor
Nahm man ihn freudig wieder auf.

Doch seinen Eid, den er vergessen
Als er bei Luther hat gesessen
Der war noch nicht gesühnet

So wurde vor Gericht verhandelt
Die Schuld in Sühne umgewandelt
Und so sprach man das Urteil

Die Kirche wollt‘ ihm gern vergeben
Der König schenkte ihm das Leben
Beim Fürst war keine Gnade

Ihm war es dem der Eid gebrochen
Auf Gnade sollte keiner hoffen
Der ihm nicht hielt die Treue

So wurd’ er in den Fluss gehoben
Und in das wilde Wassertoben
Sank er, die Hände fest gebunden




Auf der hohen Zinne steht
Das goldne Haar vom Wind durchweht
Esra das Fürsten Tochter

Sie breitet ihre Arme aus
Und spricht: „Durch meiner Väter Haus
Starb der Ritter Halden!“

Sie stürzet auf den Flusse zu
Und ruft: „Herr, lass die ew‘ge Ruh
Mich mit dem Liebsten teilen.“

Informationen zum Gedicht: Der Ritter Halden

144 mal gelesen
(Eine Person hat das Gedicht bewertet. Der Durchschnitt beträgt 3,0 von 5 Sternen)
1
10.11.2020
Das Gedicht darf unter Angabe des Autoren (Alexander Hengstler) für private Zwecke frei verwendet werden. Hier kommerzielle Anfrage stellen.
Anzeige