Der alte Brauch

Ein Gedicht von Wolf-Rüdiger Guthmann
Wehet auch kein Frühlingshauch,
ist Ostern doch ein alter Brauch.
Im Spreewald bei Sorben und Wenden
soll jeder Winter doch fruchtbar enden.
Drum war ich heut, nach Skat und Sport
an einem ganz besonderen Spreewaldort.

In Briesen, wo längst der Teufel pflügt,
auch ein altes aktives Museum liegt.
Statt Reden, Unterschriften oder Wahlen,
konnte man hier die Ostereier bemalen.
Eier, die man als Fruchtbarkeitssymbol
auspustet, bis sie gänzlich leer und hohl.

Dazu wird mit Geschick und Bedacht
an beiden Spitzen je ein Loch gemacht.
Durch die Münder, nicht durch die Nasen,
wird weißer und gelber Inhalt ausgeblasen.
Und man kann ihn gleich verbuchen
für den üblichen Osterlammkuchen.

Mit den Eiern, die gesäubert und trocken,
kann man sich in die Tisch Runde hocken.
Wo jeder Wachs in einem Löffel erhitzt
und beim punktweisen Auftragen schwitzt.
Punkt für Punkt und Strich für Strich
ergibt sehr bald ein Muster sich.

Glaubt man, mehr wird nicht gebraucht,
wird das Ei in die erste Farbe getaucht.
Nach dem Trocknen wird das erhitzt,
was das zweite Farbmuster besitzt.
Nun kann man es ganz vorsichtig wagen
dieses Wachs zwischendrin abzutragen.

Leicht erwärmt, ohne dass es sich mischt,
werden Teile des Wachsmusters abgewischt.
Und wieder wird das Ei in Farbe geschunkelt,
auf dass sich die erste Farbe verdunkelt.
Man fängt mit der hellsten Farbschicht an
und endet spätestens nach drei Schichten dann.

Wer nicht aufgibt und noch experimentiert,
erneut Wachs aufträgt und nochmals verziert.
Der Vorteil in der gemeinsamen Runde ist,
dass man dabei alle Sorgen vergisst.
Ich verabschiedete mich schnell unterdessen,
ich hatte zu Hause Spinat mit Ei vergessen.

28.03.2018 © W.R.Guthmann

Informationen zum Gedicht: Der alte Brauch

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28.03.2018
Das Gedicht darf unter Angabe des Autoren (Wolf-Rüdiger Guthmann) für private Zwecke frei verwendet werden. Hier kommerzielle Anfrage stellen.
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