Unter der Dusche

Ein Gedicht von Wolf-Rüdiger Guthmann
Auch der schönste Sommer hat seinen Preis,
die Haare sind staubig, der Körper voll Schweiß.
Und pflegt man dann noch die uralten Triebe,
jeder gern ein Saubermann der Werbung bliebe.
Um Achselflecke und Geruch zu vertuschen
hilft nur waschen oder noch besser duschen.

So war es bei mir in der Affenhitze von gestern,
als ich half bei der Ernte mit den Schwestern.
Ob gemäht oder gedroschen wurde auf dem Feld,
der Staub zog in Wolken, die nur Regen aufhält.
Als man noch scheibte, um die Wurzeln zu trennen,
fingen die Augen an wie Feuer zu brennen.

Kaum war diese Ernte auf dem Feld beendet,
da hat sich jeder schnell nach Hause gewendet.
Der lehmige Staub und der fließende Schweiß
zeugten für alle sichtbar von unserem Fleiß.
Auf den breiten Stufen der Treppe ins Haus
zog ich laut singend das Arbeitszeug aus.

Durchs Treppen Haus, ins Bad, zur Dusche,
wo ich unter die tropfende Brause husche.
Nichts probiert, es wird schon gehen,
dann schnell den Mischer Hahn aufdrehen.
Genügend warmes Wasser hat der Boiler,
doch was ich los ließ, war ein Heuler.

Brust und Rücken erhitzt vom Dreck
und nun kam erst der eiskalte Schreck.
Das Gesicht in den Strahlengang gehalten,
lief der Schmutz in mächtigen Falten.
Sehend Schwamm mit Duschgel verbunden
und damit kreisend Runden für Runden.

Die langstielige Bürste für den Rücken
besteht aus zwei gesteckten Stücken.
Und jedes Mal beim Schmutz besiegen,
die hölzernen Teile auseinander fliegen.
Das machte dabei so viel Krach,
lockte die Familie nach und nach.

Statt mich in Ruhe duschen zu lassen,
wollten alle an den Po mir fassen.
Die zarten Finger, die mich berührt,
haben mich zum Gedicht inspiriert.
Während ich wischte und kreiste,
reimte ich dazu schon das meiste.

Doch als ich trocken das Bad verließ,
ich auf andere, neue Besucher stieß.
Wir scherzten, aßen und tranken,
tauschten nun unsere Gedanken.
Von Preisen und Erhöhung der Renten,
über Wahlwerbung und Zeitungsenten.

Die Standuhr schlug 12 Mal gong bing,
als jeder ins Bett oder nach Hause ging.
Ich hatte reichlich getrunken, gegessen,
aber das geplante Gedicht vergessen.

11.08.2019 ©Wolf-Rüdiger Guthmann

Informationen zum Gedicht: Unter der Dusche

3.353 mal gelesen
(Eine Person hat das Gedicht bewertet. Der Durchschnitt beträgt 5,0 von 5 Sternen)
2
11.08.2019
Das Gedicht darf unter Angabe des Autoren (Wolf-Rüdiger Guthmann) für private Zwecke frei verwendet werden. Hier kommerzielle Anfrage stellen.
Anzeige