Der Schrank
„Jeder muss ein Hobby haben,
um zu fördern seine Gaben.“
Als meine Frau dies im Radio hörte,
sie mich montags doch sofort betörte:
„Und für unsere Hobbys Wort und Klang
brauchen wir einen eignen Schrank.“
Sie hat die Zeitung aufgedeckt,
denn die enthielt einen Prospekt.
Und der enthielt seltsamerweise
einen Schrank zum Vorzugspreise.
Also Schuhe an und die Papiere,
weit offen stand die Supermarkttüre.
Ohne einen Preis zu nennen,
konnte ich schon das Paket erkennen.
Ziemlich schwer, weil breit und lang
war der von uns gesuchte Schrank.
Mit viel Geschick und letzter Kraft
haben wir das Ding nach Hause geschafft.
Frauen wollen gleich Erfolge sehen,
also musste ich sofort zu Werke gehen.
Zuerst mal die Verpackung minimieren,
also auspacken und gleich sortieren.
Dabei die Montageanleitung buchen
und das nötige Werkzeug suchen.
Schraubendreher, Schlüssel, Hammer
finde ich gleich in der Kammer.
Das Verbandszeug auf die Schnelle
gibt’s dann im Bad für alle Fälle.
Ich mit den zwei linken Händen
fange an erste Bretter zu wenden.
Laut dem Plan gibt es hier ne Nut,
die sich aber nicht offenbaren tut.
Und dabei wird mir schon ganz übel,
wo sind nur die Löcher für die Dübel.
Die Schrauben sind für heute zu lang,
sie gucken vorne aus dem Schrank.
Die Scharniere sind der große Jammer,
sie zerbrechen unter dem Hammer.
Beim Aufstellen durfte keiner fragen,
warum die Füße in die Höhe ragen.
Nur das Schubfach ist ein Geheimniskauf,
denn man schiebt es nach hinten auf.
Zugeschlossen wird von innen,
da kann der Schlüssel nicht entrinnen.
Irgendwas ist heute schief gelaufen,
morgen müssen wir einen Neuen kaufen.
Aber diesmal einen mit Geld und List,
der zufällig komplett montiert schon ist.
13.04.2016 © Wolf-Rüdiger Guthmann