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Gedichte über Satire - Seite 78


Moderne Eulenspiegelei

Moderne Eulenpiegelei

Eine Dame fuhr im hinteren Zugteil
Von München nach Augsburg, in der Bahn,
Die fuhr am 12. 12. 2022 auf Gleis drei ein.
Um 16:28 Uhr sollte es da weitergehen,
Doch der Zug RB80 hatte etwas Verspätung.
Auf der Anzeige außen stand „Würzburg“.

Im Zug aber stand „Treuchtlingen“.
So fragte die Dame die Fahrgäste,
Ob der Zug in Treuchtlingen geteilt würde,
Doch niemand konnte ihr Antwort geben,
Niemand wusste wirklich Bescheid –
Und kein Zugbegleiter in Sicht.

Da ging sie in den mittleren Zugteil,
Doch auch da stand „Treuchtlingen“.
Und auch da konnte ihr niemand helfen,
Was an Information nun richtig war.
Also fuhr sie nach Donauwörth ein,
Richtung Treuchtlingen weiter.

Tatsächlich kam wirklich kurz darauf
Vor Treuchtlingen die Lautsprecherdurchsage:
„Der Zug nach Würzburg wird nicht geteilt!“
Also setzten sich all jene wieder auf die Plätze,
Die bereits in den vorderen Zugteil umsteigen wollten
Und harrten der weiteren Dinge, die kommen sollten...

Tatsächlich las man nun auf dem Monitor im Zug,
Man möge doch in das „andere“ Zugteil umsteigen.
Das Wort „vordere“ war scheinbar nicht bekannt
Und verwirrt sahen sich die Fahrgäste an:
Welche Information ist denn jetzt richtig?
Sollte man nun umsteigen oder bleiben?

Von der Zugbegleiterin war nichts zu sehen,
Viele suchten auf dem Smartphone nach Rat,
Einige schlummerten leise vor sich hin
Und manchen war offenbar das alles egal.
Aber ans Ziele wollten schon alle gelangen
Und das ging nur mit der richtigen Information!

Deshalb gingen wir rasch ins vordere Zugteil
Und sahen, wie die Allermeisten dorthin rannten,
So dass dieses Zugteil sich sehr rasch füllte.
Gottseidank sah man keine Rollatoren,
Denn Alte hätten es sicher nicht geschafft
Das vordere Zugteil noch zu erreichen.

Einige sind in den hinteren Zugteilen geblieben,
Sicher in der Erwartung ihrer Hoffnung,
Der Zug würde doch nicht getrennt.
Sie konnten nun in Treuchtlingen bleiben
Oder auf die nächsten Züge warten,
Die ja noch kommen sollten.

Als wir die Zugbegleiterin, die erschien, fragten,
Warum sie die Nichttrennuung durchgesagt hätte
Und warum sie die Reisenden verwirrt hat,
Meinte sie ohne ein Wort der Entschuldigung
Und auch ohne ein Achselzucken:
„Der Zugführer hat mir das so gesagt!“

Dieser aber hatte den Zug schließlich getrennt,
Also musste er das von vornherein wissen.
Oder hat er sich einen Scherz erlaubt
Mit einer Zugbegleiterin auf dieser Strecke,
Um sie zu ärgern oder gar zu mobben,
Weil sie leider über nichts informiert war?

Selten sah ich so viele Menschen rennen,
Viele davon wollten nach Würzburg reisen.
Woran soll man sich denn da orientieren,
Wenn sogar Botschaften im Internet fehlen?
Doch wo Informationen Menschen verwirren,
Tritt offenbar Till Eulenspiegel wieder in seine Bahn...


©Hans Hartmut Karg
2022

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Weck und Wurst im Wettstreit

„Muss ich wohlgerat'ner Wecken
vor dir, Würstchen, mich verstecken ?!
Einst stand dein Herz für mich in Flammen,
wenn wir - treu vereint - zusammen
erquickten bei so vielen Festen
Scharen von verwöhnten Gästen.
Auf Picknickplätzen weit im Land,
im Festzelt und am Würstchenstand,
kurz; überall auch außer Haus,
gab gerne Geld man für uns aus:
Für mich 'neu Groschen, 'ne Mark für dich,
die Diskrepanz bekümmert mich
und Stolz vergiftet deinen Sinn,
ich Knecht, und du die Königin???"
„Du schwachgebräunter, fader Wicht
verdienst ein scharfes Würstchen nicht.
Du kannst nicht so - wie ich - bekannt sein,
ich stamme ab vom Deutschen Landschwein,
doch dein Stammbaum wurzelt nur
in kargem Grund auf öder Flur,
drauf peitscht der Wind den schwachen Halm.
Wie streichelt mich der Räucherqualm,
umschmiegt mich zärtlich, wohlig warm,
wie bräunt er glänzend meinen Darm,
indessen Bauer, Müller, Bäcker
erzeugen aus der Frucht der Äcker
einen wackeligen Teig!
Wie kann auf einen grünen Zweig
so ein Weck den Bäcker bringen,
der in zähem, hartem Ringen
- grausam um den Schlaf gebracht -
ihn .erweckt' fürwahr bei Nacht,
während längst noch ruht mein Fleischer?
Und dennoch .wurstelt' der sich reicher!"
So muss der Weck sich denn geschlagen geben
und Tag für Tag geduldig neu durchleben,
dass der, der eine Wurst besitzt,
dem Brötchen nur das ,Laibchen' schlitzt,
die Wurst hinein dann gleiten lässt.
Mit dem Backwerk fasst man fest
das Kernstück, das begehrt und teuer.
Dem Wecken ist dies nicht geheuer;
er wird am Rande unterdessen
fast unbeachtet mitgegessen.
Günter Uebel, 2001
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