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Gedichte über Satire - Seite 76


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Weck und Wurst im Wettstreit

„Muss ich wohlgerat'ner Wecken
vor dir, Würstchen, mich verstecken ?!
Einst stand dein Herz für mich in Flammen,
wenn wir - treu vereint - zusammen
erquickten bei so vielen Festen
Scharen von verwöhnten Gästen.
Auf Picknickplätzen weit im Land,
im Festzelt und am Würstchenstand,
kurz; überall auch außer Haus,
gab gerne Geld man für uns aus:
Für mich 'neu Groschen, 'ne Mark für dich,
die Diskrepanz bekümmert mich
und Stolz vergiftet deinen Sinn,
ich Knecht, und du die Königin???"
„Du schwachgebräunter, fader Wicht
verdienst ein scharfes Würstchen nicht.
Du kannst nicht so - wie ich - bekannt sein,
ich stamme ab vom Deutschen Landschwein,
doch dein Stammbaum wurzelt nur
in kargem Grund auf öder Flur,
drauf peitscht der Wind den schwachen Halm.
Wie streichelt mich der Räucherqualm,
umschmiegt mich zärtlich, wohlig warm,
wie bräunt er glänzend meinen Darm,
indessen Bauer, Müller, Bäcker
erzeugen aus der Frucht der Äcker
einen wackeligen Teig!
Wie kann auf einen grünen Zweig
so ein Weck den Bäcker bringen,
der in zähem, hartem Ringen
- grausam um den Schlaf gebracht -
ihn .erweckt' fürwahr bei Nacht,
während längst noch ruht mein Fleischer?
Und dennoch .wurstelt' der sich reicher!"
So muss der Weck sich denn geschlagen geben
und Tag für Tag geduldig neu durchleben,
dass der, der eine Wurst besitzt,
dem Brötchen nur das ,Laibchen' schlitzt,
die Wurst hinein dann gleiten lässt.
Mit dem Backwerk fasst man fest
das Kernstück, das begehrt und teuer.
Dem Wecken ist dies nicht geheuer;
er wird am Rande unterdessen
fast unbeachtet mitgegessen.
Günter Uebel, 2001
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