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Gedichte über Philosophie - Seite 6


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Der Tod und das Mädchen

Jeden Abend sprach der Tod vom Leben,
als würd´s für ihn nichts anderes geben.
Er redete vom Herzschlag und dem Atem,
den er zerstörte, mit seinen Taten.

Frustriert sühnte er das Leben nehmen
und schnitt sich selbst tief in die Venen.
Es tropfte erst, verfärbte rot,
doch half es nicht in seiner Not.

Denn morgens öffnete er wieder die Augen,
um weiter als Tod das Leben zu rauben.
So verbrachte der Kapuzenmann Tag um Tag
und wünschte sich selbst in seinen Sarg.

Ihm anfangs gesagt, hatte keiner so recht,
dass er weniger war, als jeder Knecht.
Nicht tot und doch weit weg vom Leben,
was konnt‘ es denn grausameres geben.

Abschlachten und Auslöschen, das musste er sie,
lange Zeit waren für ihn die Menschen wie Vieh.
Doch die letzten Jahre hatten ihn gewandelt,
früher hatte er aus Überzeugung gehandelt.

Dann kam dieses Mädchen, nur sieben Jahre,
täglich dachte er an ihre blonden Haare.
Sie war gesund, fröhlich, sang gut und gerne,
und dennoch schickte er sie in die Sterne.

Eine Kleinigkeit legte er in ihren Weg,
damals beim Weiher, auf dem Steg.
Sie stolperte, schrie und fiel ins Nass.
Als man sie fand, war sie blau und blass.

Seine Hinterhältigkeit konnte er nicht mehr verstehen,
als er das Mädchen beobachtete, beim Untergehen.
Verschwinden wollte er, verschollen bleiben,
und wie der Körper im Wasser treiben.

Ab diesem Tag hatte der Tod ein neues Spiel.
Bis abends durchhalten war das einzige Ziel.
Er kämpfte innerlich, um seine Arbeit zu tun.
Manche Seelen mussten schließlich ruh’n.

Denn bei manchen war seine Arbeit von Nöten,
einer musste die Kranken und Schwachen töten.
Doch dieses Kind, es blieb ihm im Kopf,
die blauen Augen, der blonde Zopf.

Wenn er schlief, dann träumte er über sie,
war er wach, war sie in seiner Fantasie.
Wie sich kein Mensch ihm entziehen vermochte,
war es das Mädchen, das ihm den Geist zerkochte.

Ihr Tod war freiwillig, das wusste er.
Es war sein Willen, das machte es schwer.
Sie starb, um nie gelebt zu haben,
das brachte den Tod zum Verzagen.

Er allein hätte sie verschonen können,
doch wollt‘ er ihr das Leben nicht gönnen.
Zu groß waren sein Hass und der Neid,
auf ihr Lachen und die Unbeschwertheit.

Gesehen und beschlossen, binnen Sekunden.
In ihr hatte er ein neues Opfer gefunden.
Was diese Tat jedoch mit ihm gemacht,
darüber hätte er sich früher totgelacht.

Er hatte Heere vollständig vernichtet,
den Nachwuchs ganzer Generationen gelichtet.
Mehr Tote als ein Lebender zählen kann.
Dann kam dieser verwunschene Gesang.

Gelegentlich summte er die Melodie,
der das Mädchen seine Stimme lieh.
Er hatte unzählige Schreie in seinen Gedanken,
aber ein dummes Lied brachte ihn ins Wanken.

Abends hatte er es wieder satt mit sich zu Hadern
und trieb abermals die Klinge in seine Adern.
Es tropfte und spritzte, mit jeder weiteren Wunde,
er stöhnte und hoffte auf seine letzte Stunde.

Doch nach der Nacht setzte seine Atmung wieder ein
und es brach ein neuer Tag voller Gewalt herein.
Vernichten, Ersticken, Massakrieren und Morden,
es bereitete ihm schon in den Morgenstunden Sorgen.

Doch was er auch tat, es war zum Schreien.
Er konnte sich nicht aus seiner Lage befreien.
Über die Jahre hatte er vieles versucht,
doch war sein eigenes Ableben wie verflucht.

Erhängt, verblutet, von der Klippe gesprungen,
sich einmal selbst erschossen, notgedrungen.
Doch nichts davon schien Wirkung zu haben,
nach nur einer Nacht blieben nicht einmal Narben.

Nur wegen eines Kindes fühlte er sich schlecht.
Dabei waren seine anderen Taten alle gerecht.
Doch dieses eine Mädchen, er wollte sie sehen,
um vor ihr zu knien und um Vergebung zu flehen.

Tagaus und tagein dachte er an die Kleine,
besonders wenn er in die Sterne starrte, alleine.
Dort suchte er nach einer Möglichkeit,
die ihn vielleicht von seiner Schuld befreit.

Doch unfähig sich selbst seine Tat zu verzeihen,
wollte in ihm ausschließlich Kummer gedeihen.
Er wähnte und grübelte eine lange Zeit…
…und irgendwann wurde dies seine Ewigkeit.
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