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Gedichte über Macht - Seite 23


Ist es Ehrfurcht?

Heute
Lausche ich der Dunkelheit
Was will sie mir wohl sagen?
Ich sehe in ihr Schwarzgesicht
Dort blühen vereinzelt wilde Rosen
Raben krähen um die Wette
Lebensmüde, schluchzende Blutbahnen
In Schmerz und Einsamkeit
Pechverklebtes Blut das gerinnt
Angst jagt Angst
Ein stiller Fluch der nicht ankommt
Das Ziel nie erreichend
Nicht einmal in mir
Der ich so gebannt Antwort ersehne

Ich werde trotzdem antworten
Dunkelheit, ich kenne dich
Eigentlich finde ich dich bezaubernd
Du trägst in dir den Traum
Die Stille und das Wissen
Du lehrst Geduld und Sehnsucht
Du verwandelst alles
Das Sein und das Nichts
Du erweckst das Leben
Du bist der Todesbiss
Deine Freiheit zeichnet keinen Raum
Du bist Bewusstsein
Das viel zu große Universum
Die Kühle und die Sanfte
Melancholie und Grazie
Du liebst alles und vergisst
In dir findet sich Geborgenheit
Wenn man bereit ist zu fallen

Aber nun hat sich etwas grundlegend geändert
Du hast den Schrecken in mir erweckt
Große Furcht und Pein
Der stockende Atem
Das flatternde Herz
Die entsagte Liebe
Trauer und Verzweiflung
Ich ängstige mich plötzlich
Du Mutterschoß der Finsternis
Aus dir entsteht unentwegt Leben
Kein Same der nicht durch dich
Zum Leben erweckt
So fürchte ich mich von nun an vor dir
Vor deiner unerbittlichen Bewegung
Gerade eben diese unbändige Kraft
Sie stellt alles in den Schatten
Jedes Lebewesen ertrinkt in dir
Unbeschreiblich
Deine Macht der Wandlung
Ist es Ehrfurcht?



© Marcel Strömer
[Magdeburg, den 24.03.2019]
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