Drei Schwestern in Andreasberg,
die war'n verliebt, man hat's bemerkt
Und jede wollte ihren Mann,
ihr Glück mit allem Drum und Dran
Nur waren sie ganz ohne Geld,
besaßen weder Haus noch Feld
Da riefen sie Frau Holle an
und die Geschicht' nahm ihren Gang
Am Kreuzweg kam in dunkler Nacht
die alte Frau - und wohlbedacht
gab sie den Dreien einen Rat:
"Wer scheuert mir dort jenen Grat,
putzt diesen Fels ganz blitzeblank,
erhält von mir den großen Dank!"
Den Älteren war dies zu schwer
Sie gingen heim, enttäuscht und leer
Die Jüngste nahm den Scheuersand
mit Bürste, Eimer, wie sie‘s fand
und schrubbte, bis der Morgen graut
ging dann nach Hause, nicht erbaut,
denn nichts geschah von alledem ...
Die Schwestern ruhten aus bequem
Sie war am Ende und erschöpft
und wurde auch noch vorgeknöpft
Nicht lang danach, da gab es Streit
Bei ihren Schwestern war's soweit:
sie trennten sich von ihrem Held -
da war es aus mit Gut und Geld
Ihr Liebster, der das auch ansah,
dem wurd‘ es plötzlich sonnenklar:
er wollte sie , ob reich ob arm -
Wir heiraten, dass Gott erbarm'!
Die Hochzeit war schon kurz danach,
man feierte - und unterbrach,
als eine Alte kam herein
Es war nicht nur der Augenschein,
es war die Holle höchstpersönlich!
Sie gab ihr Gold, ganz ungewöhnlich
"Ist das genug, mein liebes Kind?
Das ist für dich und euch bestimmt!"
Die Freude, die war riesengroß
man feierte fast grenzenlos
Die Mühe hatte sich gelohnt!
Von Armut blieben sie verschont
Die Sage der drei Schwestern vom Andreasberg klingt heute sehr moralisch als Belohnung der Fleißigen und Bestrafung derer, die lieber ins Bett gingen und schliefen. Tatsächlich hat diese Geschichte noch einen tieferen und sehr viel älteren Widerhall: wer den Rat eines Schamanen oder Weisen befolgt, der manchmal sehr ungewöhnlich sein kann, muss meist eine innere Grenze überschreiten und etwas scheinbar Unsinniges tun - aber löst dann manchmal auch eine äußere Blockade und kommt dann doch zu dem, was erstrebenswert ist.