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Gedichte Über Geheimnisse - Seite 22


Die Ehrfurcht vor dem Unaussprechlichen

Der Apfel in meiner Hand
Nährt mich und wird ein Teil von mir.
Der Regen, der mein Gesicht berührt,
Das Meer, die Flüsse und die Seen,
Die Pflanzen, Tiere und ich: Wasser.
Die Luft, die ich atme,
Das Feuer, das mich wärmt.
Der Baum vor mir:
Ist Zeit, Licht, Wasser und Erde.
Die Erde war alles, wird alles, ist alles.
Der Baum, der im Herbst sein Laub verliert,
Der ganze Wald, die Tiere und wir Menschen,
Alles kam aus der Erde, hat sich aus ihr genährt,
Und alles kehrt wieder in sie zurück.

Alles ist miteinander verbunden.
Alles, das Viele, ist ein großes Ganzes.

Ich war Mensch, Tier und Baum,
Ein Berg und der weite Ozean.
Einmal hier, einmal dort,
Von allem schon ein Teil gewesen,
Von allem schon einen Teil genommen.

Ich war bereits unendlich viele Male alles und jeder
Und werde es noch unendlich viele Male sein.

Du bist ich,
Ich bin du,
Aber es gibt kein ich und du.

-

Es gibt keinen Anfang und es gibt kein Ende.
Alles ist endloses sich wandeln.
Nichts ist fest, nichts ist für immer.

Jeder Augenblick hat schon unendlich viele Male stattgefunden
Und wird noch unendlich viele Male wiederkehren,
In für uns unvorstellbaren gewaltigen Zeiträumen,
Immer und immer genau so,
Und dennoch bleibt alles einzigartig.
Alles bleibt gleich und doch ist nichts gleich,
Alles vergeht und kehrt doch wieder.

Die Sonne geht auf und unter und wieder auf,
Bis eines fernen Tages ihr Feuer erlöscht.
Das Leben, Imperien, Völker und Kulturen,
Die Jahreszeiten – alles blüht auf und vergeht.
Ja der Kosmos selbst wird einmal enden,
Und alles wird neu geboren werden.

Etwas kommt nicht aus dem Nichts,
Und Etwas verschwindet nicht im Nichts.
Alles war schon immer da,
Die Dinge wandeln sich nur in ihren Möglichkeiten,
Nichts jedoch verschwindet für immer.

-

Der Kopf muss schweigen und das Herz fühlen lassen.
Wir werden das große Ganze
Niemals wirklich ganz begreifen können.
Jeder Versuch wird scheitern:
Das Leben, Kosmos und Natur, der Ursprung,
Gott, Bewusstsein, Liebe oder Tod,
Bleiben letztlich nur ungreifbare Worte.
Das Unaussprechliche kann man nur erfahren,
Es aber niemals ganz erfassen.
- Dies ist die Ehrfurcht vor dem Unaussprechlichen. -
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Brief an die Nonne: Don’t forget that, Sor.

Man sagt, wenn einer betrunken ist
wird er authentisch
sagt er alles, was er fühlt,
er zeigt sich verletzlich.
Dann danke ich Dir hiermit
für das große Vertrauen
und auch für die Sekunden
einer ganz besonderen Ewigkeit,
die unser Leben, als Freunde, erfüllten.
Voll Abenteuer und Verrücktem
und ja, vielleicht war auch Liebe dabei.

Sor, du hast einen Teil deines Wesens offenbart,
als wir auf meiner Party auf dein Wohl angestoßen haben.
Doch das bleibt unser Geheimnis.

Das Lied, das du beim Abendgrill
immer wieder sangst:
„Lachend gehe ich durch das Leben, wie ein Clown“,
habe ich in mein Album:
„Memoiren unserer verrückten Zeit“,
wie eine Reliquie bewahrt, liebe Sor!

Du fühltest sicher, das Lied spiegelt dein Leben wider,
komm,
so dramatisch war in dein reales Leben doch nicht,
denn wir, deine Freunde,
hatten ja mit dir unsere Eskapaden und Wonne
und sind von tausend Dingen deine Zeugen.

Wir liebten das Tanzen und
erst zum Anbruch des Morgenrotes
kamen wir von meiner Party nach Hause.
Und du, du zu dem Kloster
mit einem neuen Märchen für die obere Schwester.

Und mal ehrlich, das bittere Bier, das tranken wir
nicht, weil wir verdorbene Biester waren,
sondern, um den Schmerz, den Liebe verursacht,
zu betäuben.

Den Abend meiner Krise,
habe ich auch in meinem Album:
Als ich wie Schneewittchen absichtlich
auf den Hof der Nonnenschule fiel,
Und ich landete nicht im Krankenhaus
wie man später erzählte,
sondern mit euch auf der für dich verbotenen Party.
Und du, Sor, warst die Sensation dort,
denn all die Männer bei der Grillparty
luden dich ein, einen Walzer, mit ihnen zu tanzen.
Und wie gut tanztest du!

Ach…und alles, was unsere geheime Liebe damals erfunden hatte!

Den Wein, Caballo loco und das Pils
wolltest du an jener Nacht mehrmals trinken,
da ähneltest du mir,
denn sonst warst du besonnen.
Das gegrillte Hähnchen knusprig braun,
es schmeckte so gut und gab unseren
weinenden Herzen Kraft.
Oh, ich wusste, wie du Essen magst!

Und du, du hast in dieser Nacht gesagt,
wie schön es sei, umarmt von dem Mann,
den du zu lieben glaubst, zu tanzen.
Ein erhebendes Gefühl sah man in deinen Augen!

Jemand hat gesagt, wer nicht die Liebe kennt,
der weiß auch nichts von den Martyrien.
Ich weiß…
Du hattest dich verdammt, vergebens verliebt
in verschiedene Gestalten und
in Pfarrer anderer Religionen.
Und? Weißt du,
Das Verliebtsein ist gerade unter euch ein Glück.
Und bevor du Nonne wurdest,
warst du ein Mensch,
das schöne Mädchen mit dem Traum nach einen Prinzen,
eine Frau mit der Sehnsucht nach jemanden, der dich umarmt.
Und dann eine Nonne.
Don’t forget that.

In Erinnerung an unsere innige Freundschaft, liebe Sor Emilia.

©Saliah Ylenia, 2023
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