Gedichte über das Gedicht - Seite 557

Reimen

Mit Reimen fängen Dichter an,
Wenn ohne Druck und ohne Zwang
Aus Geist und Herz das Freie fließt,
Sich auf das weiße Blatt ergießt.

Das ist schon eine feine Gabe,
Wenn sie mit Sinn und mit Teilhabe
Sich in Sprachräumen höherschwingen
Die auch verwegen, fremd – und minnen!

Fallen dort gute Strophen ein,
Sperren sie Dichter hundsgemein
Die sprachenah ins Wortgefängnis,
Wird das Wort gar zum Verhängnis?

Bang fragen sich Dichter jedesmal:
„Habe ich denn eigentlich 'ne Wahl,
Wenn neue Worte mich denn kitzeln,
Mich nötigen, vielleicht auch witzeln?“


©Hans Hartmut Karg
2025

*

Krankheit der Gegenwart

Warum reden manche denn so viel,
Die doch nichts zu sagen haben,
Nur die Ideologie ihr Ziel,
Um in Talkshows stets zu traben?

Warum schreiben manche viel,
Die doch nur auf Klicks aus sind,
Sprache ihnen nur Geldziel,
Womit Moneten man gewinnt?

Warum dichten manche viel,
Warum ihnen dies vorwerfen,
Sich selbst behängen mit Gewühl,
Um anderer Lebensleistung zu verwerfen?


©Hans Hartmut Karg
2025

*

Geboren im tiefsten Herzensgrund
umspielt ein ehrliches Lächeln
meine Augen, meinen Mund

Ein Gedanke
formt sich zum Wort

Ein "Danke"
vom Geist- und Seelenport

Ein Wunsch sich schon lange in mir regt
der Bestätigung und Anerkennung
in sich trägt:

Für Dich
Dein Sein
Dein Orchester
Deine Kreation
Deine Triebkraft
Deine Gedanken
Deine Taten
zum Wohle Aller

So möchte ich
will ich
werde ich
Deinen Avatar liebevoll umarmen
und Dein Herz erwärmen
Dir einen Stirnkuss schenken
und wortlos, unbekümmert, voller Heiterkeit
den Energiestrahl
meiner Aufmerksamkeit
auf Dich lenken
und Dich erzittern lassen
durch meine innere Sonne
zu Deinem Wohle
Deiner Wonne

© jogdragoon
Bibat ex me qui potest

Neulich sah ich Bertolt Brecht
Wie er auf einer Wolke stand
Und in den Himmel schrieb

Nur die dümmsten Kälber
Wählen ihre Schlächter selber

Ich schaute nach Osten
Dann nach Westen
Und nickte Brecht zu

Von Weitem hörte ich
Wie John Lennon voller Inbrunst
Aus dem Jenseits skandierte

Power to the people
Power to the people

Ich schaute nach Norden
Zum Polarstern
Und nickte Lennon zu


© René Oberholzer