Gedichte über das Gedicht - Seite 347

Was ich mir wünsche

Natürlich scheint es so zu sein,
Als sollte Dichter man ehren.
Schon Petrarca trug den Kranz allein,
So konnte er sich Herrschaften erwehren.

Er suchte nach zeitlosem Wörterringen,
Sein Sarg ward höher in Stein gebettet.
So konnte er dies schöne Leben besingen,
Wodurch er sich vor Irrzeiten gerettet.

Schöne Laura im Liebesverlangen besehen
Lenkte sein Verlangen ab von den Kriegen:
Wer zu solchen Freuden darf gehen,
Der verhilft jedem Leben zum Siegen.

Wünschen wir heute noch Liebesehrungen,
Wollen wir zu freiem Leben hingehen,
Ächten der Heerführer feindliche Querungen,
Deren Zeichen auf Vernichtung stehen?

Ja, Liebesdichtung bewahrt uns davor,
Uns von Mächten vereinnahmen zu lassen.
Sie öffnet den hellfreundlichen Korridor
Zum Freien und nicht mehr zum Hassen.

Deshalb wünsche als Dichter ich mir nur eins:
„Lest wieder Petrarcas Verse der Laura,
Denn ohne Musen ist ein Dasein doch keins,
Es braucht Wundersprache – und Aura.“



©Hans Hartmut Karg
2022

*

Ich bin mehr…
Mehr, als du siehst…

Ich bin mehr…
Mehr, als du fühlst…

Ich bin mehr…
Mehr, als du hörst…

Ich bin mehr…
Mehr, als du wahrnimmst…

Ich bin mehr…
Mehr, als du spürst…

Ich bin mehr,
mehr als der Mensch,
mehr als die Frau,
mehr als das Denken,
mehr als das Fühlen,
mehr als das Tun,
mehr als das Jetzt,
mehr als das gestern und morgen,
mehr als der Körper,
mehr als der Geist,
mehr als das, was du dir vorstellen kannst…

Ich bin mehr…
Du auch...

© A. Namer