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Gedichte über Erziehung - Seite 14


Bastian, der Holzbastler

Fromm und ländlich war der Ort,
wo undenkbar Kindsabort.
Deshalb kam er einfach an –
sie tauften ihn Sebastian.
Und das Büblein wuchs zum Bube –
Papa jobbte auf der Grube.
Bald die Eltern schwärmten stolz:
„Der Sebastian liebt Holz!“
Und bei seinem hölzern’ Tick
zeigte Bastian Geschick.
Ohne Ruhe, ohne Rast
schuf er Kunst aus jedem Ast.
Formte aus des Holzes Scheite
Kunst, die jedes Herz erfreute.

Irgendwann vor Wut erbebte
jener Opa, der noch lebte.
Selbst die Oma hielt den Mund –
sie verstand des Zornes Grund:
Bastian, ihr lieber Enkel,
hatte abgesägt den Henkel
von des Opas Lieblingskrug.
Und als sei dies nicht genug,
leimte er des Kruges Griff,
der aus Holz war, an ein Schiff.
Griff vom Krug war nun ein Drachen
wie bei den Normannen-Nachen
mit ’ner Fratze, schön-abscheulich –
Opas Antlitz wurde bläulich.

Oma fand das Schifflein toll,
Opa fand, das Maß sei voll!
Und weil Opas nicht gern strafen,
fiel das Los auf einen Braven.
Wenn’s auch klingt wie blanker Hohn:
Dieses Los traf Opas Sohn!
Denn sind Söhne selbst erst Väter,
müssen SIE die Übeltäter,
oftmals Söhne, dann verdreschen
oder Machtworte aussprechen.
Bastis Vater war kein Wilder,
vom Gemüt her eher milder,
trotz der Grubenarbeit Härte
kein Haudrauf mit Gurt und Gerte.

War nicht Berserker, noch Schläger,
auch kein wüster Schürzenjäger,
trank niemals aus bloßem Kummer,
höchstens einen für den Schlummer.
Da sein Vaterherz war warm,
nahm den Sohn er in den Arm,
drückte ihn voll Vaterliebe,
und erteilte ihm statt Hiebe
leise einen Rat ins Ohr:
„Sohn, sieh dich in Zukunft vor!
Säg’ und schnitz’ aus Holzes Rille
kunstvoll Tand, wenn dies dein Wille!
Doch säg’ nie, wenn du gewitzt,
ab den Ast, auf dem du sitzt!“

© Micha Schneider
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"Kinder machen nicht das, was wir sagen".

„Kinder machen nicht das, was wir sagen, sondern das, was wir tun.“
Zum Tode von Jesper Juul
(25.07. 2019)

Kinder ahmen unser Handeln nach,
Sie verhalten sich wie Lifekopisten.
Erst viel später rückt die Einsicht nach,
Doch bevorzugt sind wir immer Egoisten.

Juul sieht stets das „Kompetente Kind“,
Das selbst weiß, was es ja kann und will,
Wie's ihm geht, wo seine Eltern sind,
Bestimmend mit dem eigenen Steuerziel.

Antiautoritäres, das war nicht sein Stil,
Den Paradigmenwechsel wollt' er haben
Und die Eltern, die mit viel Gefühl
Ihre Kinder nach den eigenen Zielen fragen.

Doch reicht dann die „Leitwölfin“ noch aus,
Wenn die Kinder alles steuern wollen?
Kann denn Grenzen setzen noch zuhaus,
Wenn die Kinderchen sich alle Herrschaft holen?

Ist es nicht bloß Energieverschwendung,
Wenn im Elternhaus man ständig diskutiert
Und Verhärtung stattfindet, ohne die Umwendung,
Mit der man vernünftig Gutes Leben führt?

Ja, der Elternflüsterer meint's gut,
Er kennt auch Erziehungswidersprüche.
Gerade deshalb macht' er vielen Eltern Mut,
Damit die Familien geh'n nicht in Brüche.

Wenn die Eltern immer handeln würden,
Wie es Menschlichkeit ja schon verlangt,
Gäbe es nicht jene hohen Hürden,
Mit denen das Recht nur Pflicht belangt.

Natürlich gibt es jene Handlungsmuster,
Mit denen die Eltern auch verführen,
So dass Kinderseelen werden duster,
Wo sie Unmenschliches verspüren.

Doch die Kinderwelt, sie braucht kein Leid,
Kinderleid ist immer ein Verbrechen.
Deshalb, Eltern, bleibt mir ja bereit,
Um mit Kindern über deren Not zu sprechen!

Und so manches Kind lernt Ignoranz,
Schlimme Eifersüchtelei im Elternhaus,
Manchmal Intrige, Neid, Intoleranz,
Reist zur Inhumanität oft gerne aus.

Erziehung bleibt deshalb ein Weltereignis,
In dem sich die vielen Bilder brechen,
Wo nicht jedes Handeln wird zum Gleichnis,
Wenn sich dort Komplexe rächen.

„Die Starken für die Schwachen!“
Doch sind die Starken auch die Guten,
Die schwache Kinder nicht verlachen,
Damit denen die Seelen bluten?

Manche Ehe ist daran zerbrochen,
Dass zu unterschiedlich die Konzepte
Und die Kinder nur Schwächen gerochen,
Wenn Herrsucht gegen Freiheitskonzepte.

Und der Freiraum schafft ja nicht
Ganz automatisch Freiheitsräume,
Wenn das Machtgelüst' einbricht
Und zerstört die Lebensträume.


©Hans Hartmut Karg
2019

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