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Gedichte zur Dankheit - Seite 157


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Engel auf 23ter Station

Geisterhafte Flure – verlassen und leer.
Doch hinter ihren Türen verbirgt sich so viel mehr.
So unendlich weit war dein Weg hierher.
Dich der Wahrheit zu stellen, fällt dir immer noch so schwer.
Da ist sie schon wieder – die selbe alte Frage:
„Was habe ich getan, dass ich wieder so versage?“
Es ist jetzt abends – acht Uhr zehn – und du entscheidest dich,
einen Schritt auf dein Glück zuzugeh’n.
Riesengroß sind dein Kummer und Leid –
doch nun ist kaum mehr jemand hier um diese Zeit.
Während in dir der letzte Rest an Zuversicht verblasst,
hat da jemand den einsamsten Moment deiner Seele längst schon erfasst.
Umgeben von so einem Engelslicht,
erscheint in diesem Augenblick ein zutiefst vertrautes Gesicht.
Du bist durch alle Zeiten gegangen – vom goldenen gelb bis zum dunkelsten grau.
Dieser Mensch kennt dich kaum, doch erkennt deine Farben dennoch erschreckend genau.
Während du durch ihr Zeichen in dieses Schutzlicht eintauchst, spürst du stärker denn je:
Das ist auch schon alles, was du jetzt – und auch in Zukunft brauchst.
Das - und so jemand wie diese Person, denn Geborgenheit findet sich nicht nur auf dieser Station -
wenngleich eine solch' unheimlich wertvolle Art selten ist.
Entsinne dich daran, wenn du irgendwann noch mal deinen Heimweg vergisst:
Heimat ist manchmal auch da, wo eine Erinnerung ist.
Hier hat es jemand gewagt, ganz direkt hinzuseh´n.
Deswegen gelang es ihr auch, diesen Schmerz zu versteh´n.
Da war dieses offene Ohr – und auch mal so ein federleichter Humor.
Mit sanftmütiger Stimme traf sie deinen geheimen Ton,
denn sie ist der Engel auf 23ter Station.
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