Gedichte Über Arroganz - Seite 8

Bin alt, aber kein Tattergreis!

War nie mein Wunsch, mein Wille,
aber der Augenarzt meinte, ich brauche eine Brille.
Der Optiker verpasste mir ein Horngestell,
war nicht grad günstig, doch es ging recht schnell.
Die Gläser dick wie Colaglas,
aber jetzt seh ich was!

Mein lichtes Haar ist schlohweiß,
doch ich bin kein Tattergreis.
Meine fahle, faltigen Haut
keine Farbnuancen braucht.
Mir reicht der Juckreiz im Intimbereich,
spare, reinige mich wöchentlich im Badeteich.

Meine Altersflecken können mich nicht schrecken,
das Bäuchlein rund, doch ich bin gesund,
muss nicht abspecken.
Habe überdurchschnittliche Allgemeinbildung,
gesund ist mein Körper, meine Ausscheidung.

Muss meine Qualitäten nicht herunterspielen,
viele Damen meinem Esprit erliegen.
Werde weiterhin mit meinen Reizen nicht geizen.
Mein Beliebtheitsgrad immer mehr steigt,
denn ein Charmeur genießt und schweigt.

Ich bin kein alter Tatterich
und sag noch gern:"Ich liebe dich."

Pfarr-Herr in der weißen Kutte,
'hörte' meinen Hilfe-Schrei!
Wollte meine Seele retten,
hat jedoch mir Gott entweiht. 

Sprach mich schuldig, arme Seele,
die er schleunigst retten muss.
Seele, die man vorher quäle,
kann man retten, welch‘ Genuss!

Meine Seele – nicht zu retten!
Geb‘ sie Allem einfach hin.
Mein Gott legt mich nicht in Ketten,
lässt mich sein, das was ich bin.
 
Schwermut trägt mich und auch Frohsinn -
suche Sinn, mal leicht, mal schwer,
weil Licht der Welt seit Anbeginn
war für mich wie tiefes Meer. 

Bin noch lange nicht ertrunken,
schwimme oft mit Gottes Kraft.
Doch göttlich‘ Kutte ist erstunken -
Sünder aus uns allen macht.

 

Schafft ihr lieben Leute, schafft,
denn die Wirtschaft liegt darnieder.
Schuftet nun mit ganzer Kraft,
vierzig, fünfzig Stunden wieder!

Gebt die letzten Feiertage,
weil die Wirtschaft das so will.
Schlecht und finster scheint die Lage,
schuftet Leute und seid still!

Auch der Urlaub wird gemindert,
zwanzig Tage sind genug.
Weil das alle Nöte lindert,
schafft ihr Leute, das ist klug!

Gebt und gebt, fleißig die Hände,
das dies Land auf´s Neue blüht.
Schafft und rackert ohne Ende,
zeigt euch sparsam und bemüht!

Gut wenn wir da oben protzen,
königsgleich mit eurem Geld.
Mancher findet das zum kotzen.
So erklär´n sie uns die Welt!

© Hansjürgen Katzer, November 2014